Vor 25 Jahren: Beginn des britischen Bergarbeiterstreiks

Im März 1984 traten die britischen Bergarbeiter aus Protest gegen geplante Grubenschließungen in den Streik. Dies war der Beginn eines langen und äußerst gewalttätigen Konfliktes mit dem britischen Staat. Bereits in der ersten Streikwoche wurde der Bergarbeiter David Jones während einer Auseinandersetzung an einer Streikpostenkette getötet. Wenige Monate später fiel der Kollege Joe Green der Polizeigewalt zum Opfer. Im Verlaufe des dreizehn Monate dauernden Konfliktes wurden 11 000 Bergarbeiter verhaftet, 7000 wurden verletzte, 11 Menschen starben. Letztendlich gelang es nicht diesen Kampf aus der gewerkschaftlichen Umklammerungen zu lösen und eine weitergehende Perspektive aufzustoßen. Der Streik endete in einer bitteren Niederlage, unter der die britische Arbeiterklasse noch heute leidet. Zur Verdeutlichung des politischen Hintergrundes veröffentlichen wir erneut das Referat eines Genossen unserer britischen Schwesterorganisation CWO (Communist Workers` Organisation), welches 2005 auf einer Diskussionsveranstaltung der GIS in Berlin gehalten wurde.

Krise, Klassenzusammensetzung und die internationale Perspektive der Klassenkämpfe

Das Thema, über das wir einige Worte verlieren sollen lautet Krise, Klassenzusammensetzung und die Perspektiven des Klassenkampfes. (...) Einige Genossen werden über den gegenwärtigen Aufschwung des Kampfes der Arbeiter in Deutschland sprechen. Ich wurde gebeten etwas zur Situation der Arbeiterklasse in England und Italien zu sagen. Es steht außer Frage, dass die herrschende Klasse dazu übergeht weitere Kürzungen der Reallöhne und der Renten durchzuführen, dass sie die Arbeitszeit erhöhen will und es keinen Zweifel gibt, dass sich Sektoren der Arbeiterklasse heftig dagegen gewehrt haben. Im Juli dieses Jahres haben unsere Genossen von Battalgia Comunista über den Streik der Straßenbahnarbeiter und den Streik in der Fabrik von Melfi berichtet. Bei dem Streik der Mailänder Verkehrsbetriebe im Dezember 2003 haben die Arbeiter die Kontrolle der wichtigsten drei Gewerkschaftsverbände durchbrochen und ihren Kampf eigenständig geführt, indem sie in verschiedenen Depots ohne die Gewerkschaftsbürokraten Massenversammlungen organisierten und das legale Regelwerk zu Kontrolle industrieller Kämpfe ignorierten. In Melfi gab es über drei Wochen einen Arbeitskampf mit Blockaden, Streiks und Streikpostenketten. Aus beiden Streiks kann die gleiche Lehre gezogen werden, dass eine Gruppe von Arbeitern egal wie energisch und militant sie auch kämpft, als einzelne isolierte Sektion der Klasse von den Kapitalisten relativ leicht gezügelt werden kann. So endete der Streik der Mailänder Verkehrsbetriebe mit einer nationalen Vereinbarung der Gewerkschaften aller Transportarbeiter, die noch schlechtere Arbeitsverträge bescherte als zuvor. Dennoch hat dies nicht das Anschwellen von Streiks in ganz Europa gestoppt. Unser Magazin in England, Revolutionary Perspectives, hat dieses Jahr über verschieden Streiks in jeder Ausgabe berichtet. Dies ist das erste Mal, wo uns das seit Jahren möglich war. Einige dieser Streiks, wie der der Montagearbeiter im neuen Wembly Stadion sind mit den Gewerkschaften frontal zusammengestoßen, die in diesem Fall Streikbrecher einsetzte und damit auch durchkam. In vielen anderen Streiks haben die Gewerkschaften ihr übliches Spiel getrieben, indem sie sich an die Spitze setzten um den Streik einzudämmen. (So ähnlich wie beim Streik bei Opel). In einem Artikel mit dem Titel „Das Gespenst des Streiks geht um in Europa“ haben wir detailliert über Streiks in Portugal, Frankreich Österreich und besonders Italien berichtet, die im wesentlichen von Busfahrern, Eisenbahnern und Flugbediensteten geführt wurden. In unserer letzten Ausgabe berichteten wir über die Streiks gegen die Agenda 2010 in Deutschland.

In England ist das Aufkommen von so vielen Streiks ermutigend. Im Vergleich zur europäischen Arbeiterklasse wurden die englischen Arbeiter am härtesten und am frühsten durch die kapitalistischen Krisenprogramme angegriffen. Die Bourgeoisie hat über Jahrzehnte die englische Arbeiterklasse für die Krise zahlen lassen, indem sie die Inflation benutze um die Reallöhne zu kürzen. Aber die Arbeiterklasse hat dieses jedes Mal bekämpft und erst als der IWF 1977 intervenierte und tiefere Einschnitte forderte, ging die britische herrschende Klasse dazu über, Arbeitsplätze abzubauen. Die Labourregierung hat in den Jahren 1977-1979 1 Million Arbeitsplätze abgebaut, die Arbeitslosigkeit befördert und eine massive Streikwelle im Winter 1978/79 provoziert, den sog „Winter der Unzufriedenheit“. 1979 kam dann die Konservative Partei an die Regierung und realisierte das von der Labourregierung eingeleitete Programm der Arbeitsplatzvernichtung. Allerdings musste sie dabei Branche für Branche vorgehen. Sie nahm sich 1980 die Stahlarbeiter vor und nach einem 13-wöchigen Streik mussten die Stahlarbeiter feststellen, dass es härter ist um Arbeitsplätze zu kämpfen als um Lohnerhöhungen.

Am Ende des Streiks wurde British Steel innerhalb von wenigen Wochen dezimiert und ein Prozess der Privatisierung eingeleitet. Dann nahm sich Thatcher die Bergarbeiter vor. Nach einem ersten fehlgeschlagenen Versuch entwickelte die Toryregierung den sog. Ridleyplan und bereitete sich auf einen langen Streik vor. Hierbei handelte es sich um die vielleicht ausgefeilteste Militärstrategie, die jemals von einer Regierung im Klassenkampf entwickelt wurde: Kraftwerke wurden auf Öl umgestellt, Lagerhallen für Kohlevorräte wurden in Rekordniveau angelegt, Kohleimporte aus Polen wurden gesteigert. Der Transport der Kohle wurde von der Schiene genommen und kleinen privaten Transportunternehmen übertragen. Dann wurden als Provokation im Februar Entlassungen angekündigt, als der größte Teil des Winters vorbei war. Angesichts dieses Manövers glichen die Arbeiter Löwen, die von Eseln angeführt wurden. Die Losung der Bergarbeitergewerkschaft „Coal not Dole“ („Kohle statt Almosen“) war ein Desaster, die den Kampf sofort isolierte. Zu viele Bergarbeiter, die individuelle Initiative zeigten, taten dies im Rahmen der Gewerkschaft und nicht im Sinne eines übergreifenden Kampfes. Es gab zahlreiche Momente, in denen die Hafenarbeiter und die Stahlarbeiter aktiv wurden, um das Kräfteverhältnis zu ändern, aber jedes Mal argumentierten die Gewerkschaften dafür alles auf die jeweilige Branche zu begrenzen. Faktisch war das ein Kampf der Arbeiterklasse nicht nur in England, sondern der gesamten zentralen kapitalistischen Ökonomien. Der Bergarbeiterstreik dauerte 13 Monate, aber die Niederlage hinterließ tiefe Spuren. Innerhalb von 5 Jahren gingen 1 Million Jobs verloren und mit ihnen viele andere in anderen Branchen wie beim Schiffbau und in der Druckindustrie.

Krise und Restrukturierung

Was ist nun unser Bezugsrahmen um zu verstehen, was in den letzten dreißig Jahren passiert ist. Zunächst wurde das ganze durch die Wirtschaftskrise bestimmt. Diese Krise entwickelte sich Ende der 60er Anfang der 70er Jahre. Die Krise war nicht das Produkt des steigenden Ölpreises, des Vietnamkrieges, der Sättigung der Märkte oder gar der Abwertung des US-Dollar. Diese Phänomene müssen vielmehr vor dem Hintergrund der Probleme der Akkumulation gesehen werden, die durch den tendenziellen Fall der Profitrate hervorgerufen wurden. Dies geschieht im Kapitalismus in Form von Zyklen und in der imperialistischen Phase müssen wir davon drei unterscheiden: Die ersten beiden endeten im Ersten und Zweiten Weltkrieg, aber die gegenwärtige Krise ist noch nicht überstanden. Aufgrund des hohen Grades nationaler und internationaler staatlicher Verwaltung der Weltwirtschaft konnten Tendenzen hin zu einem schnellen Zusammenbruch (wie wir ihn bei der statischen weniger anpassungsfähigen Sowjetökonomie gesehen haben) abgeschwächt werden. Stattdessen haben wir 30 Jahre Krise und Stagnation, in der verschiedenen Gegentendenzen wirksam wurden. Sie haben den weiteren Fall der Profitrate aufgehalten (und in einigen Sektoren sogar ansteigen lassen, aber nichts davon war ausreichend um eine neue Runde der Akkumulation einzuleiten.). Stattdessen hat der Kapitalismus auf verschiedenen Ebenen Entwicklungen und Methoden hervorgerufen, um die Verwertungskrise aufzubrechen. Im Wesentlichen zielt die Politik und Strategie auf eine Ausdehnung der Ausbeutung des Weltproletariats sowohl in relativer wie absoluter Hinsicht ab. Die wichtigsten Methoden, mit denen der Kapitalismus der Krise begegnete, waren:

  1. Die Intensivierung raffinierter Finanzkontrollen auf internationaler Ebene.
  2. Die grundlegende Umstrukturierung von Produktionsanlagen (inklusive der mikroelektronischen Revolution), die einen dramatischen Anstieg der Produktivität ( relativen Ausbeutung) ermöglichte.
  3. Der Abbau von vielen Arbeitsplätzen in der Schwerindustrie aber auch in anderen Bereichen (z.B. der Druckindustrie) durch die Einführung neuer Technologien.
  4. Direkte und indirekte Lohnkürzungen und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.

Ich habe nicht die Zeit ins Detail zugehen aber sehen wir uns kurz die Umstrukturierung an. In der Umstrukturierung der Betriebe zeigten sich die ersten konkreten Ausläufer der mikroelektronischen Revolution. Durch sie alleine konnte der tendenzielle Fall der Profitrate nicht effektiv bekämpft werden. Hinzu kam die Modifikation der Arbeitsorganisation, die verschiedenen Hierarchien und Aufgaben, die mit den neuen Arbeitsprozessen und der Anwendung neuer Produktionsinstrumente zusammenhängen. Auch dies war noch nicht ausreichend, um den Fall der Profitrate aufzuhalten, bzw. auf das Niveau der durchschnittlichen Profitrate vor 1970 zu bringen. Dies führte zu einer dritten Phase von Antikrisenprogrammen, die besonders auf den direkten Angriff auf das Lohnniveau abzielten. Die sog. neoliberale Politik die von der Bourgeoisie anstelle des Keynesianismus und der direkten Intervention und Verwaltung des Staates betrieben wird, führt, dort wo es sie gibt, zu einem Angriff auf die indirekte Löhne in Form von Pensionszahlungen, Bildungs- und Gesundheitsaufgaben und überall zu einem direkten Angriff auf Löhne und Gehälter. Dies erscheint als eine Rückkehr zum Manchestertum (einer Vermehrung des absoluten Mehrwerts, wo der Erlangung des relativen Mehrwerts Grenzen gesetzt sind.) Dies ist vielleicht der bemerkenswerteste Aspekt der gegenwärtigen Krise des Akkumulationszyklus. Es ist die letzte Phase des Versuchs, das variable Kapital weiter zu reduzieren, und dies der Dreh- und Angelpunkt der Streiks, die wir in den letzten achtzehn Monaten gesehen haben. Z.B. haben allein in dieser Woche 20 000 schlecht bezahlte Arbeiter des Öffentlichen Dienstes für einen Streik gegen die Kürzungen ihrer Renten gestimmt.

Unter dem Gewicht der Krise sehen wir, wie die Proletarisierung der Bevölkerung zunimmt anstatt abzunehmen. In einigen Industrien hat die Teilung in Verwaltungsaufgaben und operativen Funktionen dazu geführt, dass alle Aufgaben von einer Person an einem Computer erledigt werden, die dafür ein gewöhnliches Angestelltengehalt bezieht. Frühere hoch qualifizierte Arbeiten werden zunehmend von weniger qualifizierten Leuten mit den gleichen Anforderungen aber weniger Entlohnung durchgeführt. Dies geschieht weitgehend im Herzen des Systems aber auch in der Peripherie. In den metro-politanen Gegenden wie in Europa tendiert dies zu einem Ansteigen des relativen Mehrwerts (d.h. immer weniger Lohnarbeiter produzieren einen immer größeren Warenwert). In der Peripherie ist die absolute Ausbeutung unvorstellbar angesichts von Arbeitern, die 14 Stunden pro Tag für Hungerlöhne arbeiten. In China fungieren allein 120 Millionen ehemaliger Bauern als Armee von Erwerbslosen, die sicherstellt, dass Arbeit gleichzeitig billig, ausdehnungsfähig und flexibel ist. In denjenigen Gebieten, wo Arbeit billig ist erhält sich die traditionelle fordistische Arbeitsorganisation. Der Hauptunterschied zwischen den Proletariern in den Zentren und denen in den sog. „unterentwickelten Ländern“ ist der, dass in der Vergangenheit die Kämpfe der Arbeiter die Kapitalisten dazu gezwungen haben ein Sozialsystem zu schaffen, welches in Form des Sozialstaates einige Zugeständnisse macht, um zu verhindern, dass Ärger in Raserei umschlägt. Die Versuche, den Sozialstaat zu demontieren (die Steuererleichterungen für die Mittelklasse und die Bourgeoisie) waren nur partiell erfolgreich, weil nicht nur die Kapitalisten einsehen müssen, dass sie Unzufriedenheit befrieden müssen, und dass es notwendig ist, einen Teil der Arbeiterklasse von den weitgehend nutzlosen Waren, die dieses System ausspuckt, konsumieren zu lassen.

Die kommunistische Perspektive

Marxisten versuchen die gegenwärtigen Erscheinungen zu verstehen, aber wir sind keine Wahrsager, die in Kristallkugeln gucken. In der Tat ist die Geschichte der mutigen Vorhersagen von Marx und Lenin keine besonders glückliche. Was wir stattdessen tun müssen, ist ausgehend von der gegenwärtigen Situation eine Perspektive für unsere Aktivität und die bewussten Teile der Arbeiterklasse zu entwickeln. Die Arbeiterklasse befindet sich heute in einer extrem schwierigen Situation, die folgendes erfordert:

  1. Die Wiedererlangung eines Bewusstseins als Klasse, die sich von der Bourgeoisie und interklassistischen bürgerlichen Vorstellungen der Zivilgesellschaft unterscheidet. Dies muss durch ein Erkennen ihrer neuen Klassenzusammensetzung einhergehen.
  2. Das Wiedererlangen des Vertrauens in ihre eigene Kraft - eine Kraft die nach wie vor besteht, weil die Arbeiterklasse die Quelle des Mehrwerts, die Quelle der kapitalistischen Profite darstellt.
  3. Die Entwicklung neuer Formen der Organisation zu ihrer eigenen Verteidigung als absolute Notwendigkeit und Voraussetzung für einen revolutionären Gegenangriff.

Das Bewusstsein einer Klassenidentität ist etwas anderes als voll entwickeltes Klassenbewusstsein, auch wenn es eine Vorraussetzung dafür ist. Die Selbsterkennung der Arbeiter als einer Klasse, die sich von der Bourgeoisie unterscheidet und der Bourgeoisie entgegen gesetzte Interessen hat, ist nicht das Produkt einer mechanischen Widerspiegelung der Bedingungen im Bereich der Produktionsverhältnisse, es ist ein subjektives Element, welches zu kollektiven Kämpfen führt, Kämpfen mit meist defensivem Charakter und auch defensiven Forderungen und Zielrichtungen. Es ist etwas, das während der 70er Jahre und 80er Jahre im Proletariat vieler metropolitaner Länder vorherrschte. Aber heute fehlt dieses Bewusstsein in dramatischer Weise. Es ging durch die durch kapitalistische Sachzwänge bestimmten dramatischen Ereignisse und die oben schon erwähnten ideologischen Rahmenbedingungen verloren, und es muss wiederentwickelt werden. Dies ist eine grundlegende Ausgangsbedingung für die Wiedergewinnung des Vertrauens des Proletariats in seine eigene Kraft. Jahre bürgerlicher ideologischer Kampagnen über das Ende des Klassenkampfes, das Ende der Klassen, die dem Zusammenbruch der Sowjetunion folgten, haben tiefe Spuren hinterlassen und es wird Zeit brauchen diese zu überwinden. Für Marxisten ist klar, dass die Rolle kommunistischer Avantgarden in dem Prozess der Bewusstwerdung der Klasse alles andere als unwichtig ist. Aber nur auf einer materiellen Grundlage, auf der Basis der Produktionsverhältnisse, oder allgemeiner formuliert der sozialen Beziehungen, kann die Klasse sich als solche wieder manifestieren, wie uns einige Aufschwünge des Klassenkampfes gezeigt haben, die, auch wenn sie isoliert und episodisch sind, auch in der heutigen Zeit vorkommen (z.B. Argentinien). Es ist die Aufgabe revolutionärer Avantgarden diese Momente zu analysieren und zu verstehen, sich einzuschalten, um die Ideen und das Programm des revolutionären Proletariats zu propagieren. Ein wesentliches Grundelement dieser Ideen und dieses Programms ist, dass eine organisierte und organisierende Kraft notwendig ist, die in der Lage ist, die Klasse zum Sieg zu führen, eine Kraft, die das einzige reale Instrument für die Widererlangung entwickelten Klassenbewusstseins ist. Auch wenn die Arbeiterklasse ihre eigenen embryonalen Kampforgane hervorbringen wird, werden diese sich mit jedem Kampf entwickeln oder verschwinden. Die Aufgabe der Partei ist eine andere. Neben ihrer Arbeit im Bereich der Klärung, der Schulung und der Propaganda muss sie sich mit den aktuellen Kämpfen verbinden und ihnen vorangehen. In diesem Sinne muss sie Wege finden Gruppen von Arbeitern zusammenzubringen und die Erfahrungen jeder Kampfphase in die nächste zu tragen. In der Phase des Fordismus, wo 20 000 Arbeiter in einer Fabrik konzentriert waren, bestand unsere Antwort in der Bildung von Fabrikgruppen. Diese setzten sich aus Parteimitgliedern und Nichtmitgliedern zusammen, die darin übereinstimmten, den Kampf in den Händen der Arbeiter zu lassen, außerhalb des Einflusses der Gewerkschaftsapparate. Wenn ein Kampf zu Ende war, wurden Versuche unternommen jeden Arbeiter durch Diskussionen und Zeitungsverkäufe einzubinden. Heute allerdings müssen wir angesichts der Tatsache, dass viele Produktionseinheiten kleiner sind (aber dennoch viele Arbeiter in denselben Gegenden wohnen) einen Rahmen entwickeln, der es uns erlaubt, der gegenwärtigen Realität gerecht zu werden und die Perspektive des Kampfes durch die Entwicklung territorialer Gruppen zu verallgemeinern. Die Aufteilung der Arbeiterklasse auf verschiedene Arbeitsstätten verändert radikal die Bedingungen, unter denen sich neue Kampfwellen entwickeln können. Genauso wie es notwendig ist, die Gewerkschaften als erste Bastionen der Konterrevolution zu bekämpfen und zu überwinden, kann das Proletariat nicht mehr darauf setzten seinen Kampf von großen konzentrierten Industrieanlagen aus zu führen. Besonders nicht in den kapitalistischen Metropolen wo es möglich war Produktionsanlagen eines Sektors oder die gesamten Produktion auszulagern, wie es in der Geschichte der Arbeiterbewegung oft geschehen ist. Die einzig verbliebene Möglichkeit besteht darin, die Kämpfe von einer territorialen Ebene aus zu führen und die Kräfte dort zu konzentrieren. In gewisser Hinsicht werden die territorialen Komitees wie die Fabrikgruppen funktionieren; allerdings werden sie Arbeiter verschiedener Kietze entweder auf der Basis gemeinsamer Belange oder den Möglichkeiten des gemeinsamern Kampfes vereinigen. Kommunistische Fabrikgruppen und territoriale Komitees charakterisieren sich durch

  1. Die Denunziation aller Ausprägungen und Tendenzen der pseudolinken bürgerlichen Ideologie (die Gewerkschaften eingeschlossen), die immer unter den Arbeitermassen existieren. Dieses Tendenzen und Strömungen müssen mit den von der Partei erarbeiteten und verteidigten Positionen konfrontiert werden.
  2. Die kritische Klärung aller Zielsetzungen des Kampfes, die nur durch die revolutionäre Machteroberung und die Überwindung des kapitalistischen Systems realisierbar sind.
  3. Die Betonung der proletarischen Solidarität und die Vereinigung der Kämpfe auf internationalem Niveau, Einheit und Solidarität mit den immigrierten Proletariern jedes Landes, gegen Ausbeutung und Arbeitslosigkeit. (...)

Diese Organismen würden natürlich mehr Militante für die Partei gewinnen, allerdings nur nachdem diese das Programm vollständig akzeptiert haben. Gleichzeitig würden wir die Mitgliedschaft dieser Gruppen ausweiten, insbesondere in Zeiten intensivierter Kämpfe, um das kommunistische Programm tiefer in der Klasse zu verankern. Der Kapitalismus kann solange funktionieren, wie wir als Klasse dies zulassen, und wir sind nicht der Meinung, dass es die Aufgabe der Kommunisten ist einfach nur zu predigen, sondern zu handeln.

Zusammenfassung

Wie ich schon am Anfang sagte, ist das Aufkommen so vieler Streiks in vielerlei Hinsicht ermutigend. Kürzlich haben wir Kontakte zu jungen Arbeitern in der Antikriegsbewegung und auch anderswo gemacht, die sich davon angezogen fühlten, was die kommunistische Linke zu sagen hat. Der Stein des Anstoßes war, dass sie jahrelang dem Sirenengeheul derjenigen zugehört hatten, die sagten, dass die Arbeiterklasse nicht existiere. Wenn wir uns umschauen stellen wir fest, dass die meisten Mitglieder unserer Strömung sich vielleicht an den Bergarbeiterstreik erinnern können, an dem sich viele beteiligten und versuchten ihn auszudehnen. Bei einigen von uns geht das noch weiter zurück zum Mai 68, dem heißen Herbst 1969 in Italien oder den Bergarbeiter- und Elektrizitätsarbeiterstreiks von 1972 und 1974. Für eine neue Generation haben die Lügen der bürgerlichen Kommentatoren, der sog. Autonomen, der „No Globals“, dass die Klasse nicht mehr wichtig sei oder nicht mehr existiere eine gewisse Ausstrahlungskraft, wenn es keine nennenswerte Aktion der Klasse gibt, auf die man sich beziehen kann. Marx sagte zwei wichtige Dinge über Streiks: Ohne sie ist die Arbeiterklasse auf eine Ansammlung armer Teufel reduziert und selbst mit Streiks wird es keinen automatischen und spontanen Weg für ein neues Klassenbewusstsein geben. Doch auch ganz ohne sie kann es kein Feld für die heutige kommunistische Arbeit in ihnen geben, gibt es keine Hoffnung auf eine politische Massenbewegung der Zukunft, die nur eine wirklich antikapitalistische Bewegung sein kann. In diesem Sinne sind die letzten Streiks in Europa ein überfälliger Beweis dafür, dass die Arbeiterklasse immer noch mit uns ist, und die beste Hoffnung für die Menschheit verkörpert.