30 Jahre nach der „Islamischen Revolution“ im Iran - Bittere Lehren der Geschichte

Vor dreißig Jahren triumphierte Khomeinis sog. „Islamische Revolution“ im Iran. Wir setzten diesen Begriff bewusst in Anführungszeichen, da die Ersetzung eines brutalen Regimes wie das des Schahs durch das der Mullahs schwerlich als wirkliche Revolution bezeichnet werden kann. Marxisten verstehen unter einer Revolution einen wirklichen Transformationsprozess, der die sozialen Machtverhältnisse zugunsten einer sozialen Klasse verschiebt. Dies kann nur durch die Errichtung und Konsolidierung einer neuen Produktionsweise geschehen. Davon kann im Iran jedoch keine Rede sein.

Die Streiks gegen den Schah 1979 gab es im Iran eine anwachsende Arbeiterklasse, die weitaus stärker war als die in Russland 1917.

Es war diese Arbeiterklasse, die angeführt von den Ölarbeitern 1977-78 eine Streikwelle vom Zaum brach, die das Schah-Regime ins Wanken brachte.

Im Verlauf dieser Streiks gründeten die Arbeiter räteähnliche Streikkomitees, die sog. Shoras. Diese Rätestrukturen weiteten sich faktisch auf alle Sektoren und in fast jede Fabrik des Irans aus. Sie forderten Arbeiterkontrolle über die Produktion, die 40- Stundenwoche, die Entlassung des Managements, die Wiedereinstellung entlassener Arbeiter, neue Arbeitsgesetze, die Abschaffung des berüchtigten Geheimdienstes Savak, die Gleichstellung der Frauen und vieles mehr. Einige Shoras übernahmen praktisch die Fabriken, kontrollierten die Geschäftsbücher und setzten Lohnerhöhungen durch. Das Management konnte praktisch nichts unternehmen ohne zuvor die Arbeiter konsultiert zu haben. Zwischen Dezember 1978 und Februar 1979 kontrollierten die Arbeiter besonders in den nördlichen Provinzen ganze Städte. Unter großen Opfern hatten die Arbeiter einen enormen Beitrag zum Sturz des Schahs geleistet. Als Khomeini 1979 aus dem Exil zurückkehrte, fand er faktisch ein Machtvakuum vor.

Die Ölarbeiter forderten von ihm eine stärkere Vertretung der Arbeiterklasse in der Regierung. Khomeini reagierte darauf mit einer Verurteilung der Streiks, die den Schah gestürzt hatten und rief dazu auf die Arbeit wieder aufzunehmen. Dies wurde ignoriert. 50 000 traten in den Streik. Dennoch zerfiel die Bewegung innerhalb von zwei Jahren und die bekanntesten Aktivisten wurden hingerichtet oder inhaftiert. Wie konnte das passieren? Die Gründe für die Niederlage der Arbeiterklasse Der erste Grund war der, dass der kapitalistische Staat noch nicht vollständig zusammengebrochen war. Die Generäle des Schahs sahen sich mit einer massiven Desertionswelle in der Armee konfrontiert und hatten keine andere Wahl als Khomeini zu akzeptieren.

Sie übten auf den letzten Premierminister des Schahs Druck aus, um die sichere Rückkehr Khomeinis aus dem Exil zu garantieren. Gleichzeitig konnte sich Khomeini auf die Unterstützung gut verankerter islamistischer Gruppen sowie der bürgerlichen „Nationalen Front“ stützen.

Was waren demgegenüber die Kampfmittel der Arbeiterklasse? Die Shoras waren in erster Linie äußerst schwache Imitationen der Sowjets von 1905 und 1917.Doch im Unterschied zu den russischen Sowjets gab es keine überregionale oder zentrale Koordinierung, die die Bewegung vereinheitlichen konnte. Auch wenn viele Shoras die Notwendigkeit einer konsequenten Verteidigung der Arbeiterinteressen verstanden hatten, waren sie noch weit davon entfernt Organe einer proletarischen Gegenmacht zu sein. Die Shoras fanden ihre Entsprechung in nahezu allen Lebensbereichen der iranischen Gesellschaft, was dazu führte, dass ihr Klassencharakter zunehmend ausgedünnt und geschwächt wurde.

Gleichzeitig gab es keine kommunistische Kraft, die offen und konsequent für die Klassenautonomie eintrat.

Unter dem repressiven Schah-Regime war es enorm schwierig unter der Arbeiterklasse politisch zu wirken, was die Herausbildung einer revolutionären Organisation enorm erschwerte. Zwar gab es eine Reihe linker Parteien, die allerdings überwiegend konfuse linksbürgerliche Positionen vertraten. Die wenigsten von ihnen hatten eine wirkliche Verankerung in der Arbeiterklasse und die einflussreichste (wenn auch nicht größte) linke Organisation, die von Moskau unterstützte Tudeh-Partei, unterstützte Khomeini als „Antiimperialisten“. Dass Khomeini durch und durch reaktionär war, war für sie zweitrangig, da sie ihn als potentiellen Verbündeten im Kalten krieg ansahen. Eine weitere größere Organisation, die mao-stalinistisch orientierten Volksfedayin vertrat ein ähnliches „antiimperialistisches Argumentationsmuster“ spaltete sich jedoch in mehre Teile auf.

Eine der größten Schwächen der meisten iranischen linken Gruppen war ein antiquiertes Denken in Etappentheorien. Sie gingen davon aus, dass der Iran erst eine „demokratische Revolution“ durchlaufen müsse, bevor man über Sozialismus überhaupt reden könne. Schon die russische Revolution hatte gezeigt, dass die Losung der „demokratischen Revolution“ vollkommen überholt war. In der Epoche des Imperialismus in der die Herrschaft des Kapitals den gesamten Planeten umfasst hat, gibt es keine Spielräume für nationale oder demokratische Lösungen.

Vor diesem Hintergrund waren die Etappentheorien der meisten iranischen linken Gruppen auf Sand gebaut und von einer kommunistischen Perspektive meilenweit entfernt. Khomeini bedankte sich für die „kritische Unterstützung“ dieser Gruppen mit (zuweilen noch brutalerer) Folter, Einkerkerung und Massenhinrichtungen.

Perspektiven Die Shoras stellten in embryonaler Form Organe der Arbeitermacht dar, die in Ermangelung eines überregionalen Koordinierungsgremiums kaum weiter entwickelt werden konnte. Ferner gab es keine revolutionärer Kraft, die eine weitergehende proletarische Perspektive hätte aufzeigen können, was es den reaktionären Kräften schließlich ermöglichte die Kontrolle zu übernehmen und ihr Programm durchzusetzen.

Die iranische Arbeiterklasse zahlte für die 1979 vorherrschenden Schwächen und Illusionen einen hohen Preis. Dennoch ist sich nicht geschlagen. Die Räteidee ist nach wie vor im Bewusstsein der iranischen Arbeiter verankert, die in ihren vielfältigen Kämpfen gegen das Mullahregime immer wieder spontane Streikkomitees hervorbringen. Nach wie vor stellt sich die Aufgabe des Aufbaus einer kommunistischen Organisation, die diesen Kämpfen eine revolutionäre Stoßrichtung geben kann. Ein iranischer Genosse brachte es in einem Brief an uns kürzlich folgendermaßen auf dem Punkt:

„Vor dreißig Jahren haben die iranischen Arbeiter der neuen Generation des Proletariats die Vollendung einer historischen Aufgabe hinterlassen: Die Schaffung und Festigung einer internationalistischen Kraft mit einer klaren Perspektive.“