Offener Brief polnischer KollegInnen an die ArbeiterInnen des Fiatkonzerns

Im Folgenden dokumentieren wir den Brief einer Gruppe ArbeiterInnen aus dem polnischen FIAT- Werk in Tychy, der unmissverständlich gegen nationalistische Spaltungsmanöver und für internationale Solidaritätsaktionen Stellung bezieht

Fiat spielt ein Spiel mit den ArbeiterInnen. Erst verlegen sie Produktion nach Polen und teilen den Beschäftigten mit, dass sie härter und flexibler arbeiten und alle Produktionsnormen einhalten müssen, um ihre Arbeitsplätze zu behalten. All dies wurde in Tychy umgesetzt. Das Management kann sich nicht beschweren (auch wenn die Gewerkschaften eine Erhöhung der Zuschläge für sehr produktive Arbeiter verlangten oder die Wochenendschichten in Frage stellten.) Das Werk in Tychy ist Fiats größtes und produktivstes in Europa.

Ende letzten Jahres gab es Gerüchte, dass Fiat wieder Arbeitsplätze nach Italien verlagern will. Seitdem geht im Werk von Tychy die Angst um. Fiat Polska glaubt mit uns machen zu können was sie wollen. Sie zahlten nur 40% der Zuschläge des Vorjahres aus, obwohl wir alle Produktionsrekorde gebrochen hatten.

Sie glauben, dass die Leute sich das gefallen lassen, da sie fürchten zu denjenigen zu gehören, die ihre Arbeitsplätze verlieren. Aber wir sind wütend. Der dritte „Protesttag“ der ArbeiterInnen von Tychy am 17. Juni wird nicht so freundlich ausfallen wie der letzte. Was haben wir jetzt zu verlieren?

Die ArbeiterInnen in Italien sollen weitere Verschlechterungen hinnehmen. Es ist immer wieder dasselbe: Fiat macht den ArbeiterInnen immer wieder deutlich, dass ein Nichtakzeptieren zum Verlust des Arbeitsplatzes führen wird. Wenn sie nicht wie die Sklaven schuften, wird es jemand anders machen.

Es ist uns klar, dass für Fiat die Schufterei unserer italienischen KollegInnen genauso selbstverständlich ist, wie es unsere war.

Wir hofften, dass die Gewerkschaften bei Fiat in Italien kämpfen würden. Nicht weil wir uns davon erhofften, vielleicht unsere Arbeitsplätze in Tychy zu behalten, sondern um diesen Arbeitsbedingungen Widerstand entgegen zu setzen. Unsere Gewerkschaften, unsere ArbeiterInnen sind schwach geblieben. Wie sahen uns nicht in der Position zu kämpfen. Wir fühlten uns schwach und bettelten bei Fiat um jeden Arbeitsplatz. Wir ließen italienische ArbeiterInnen im Stich, deren Arbeitsplätze wir bekamen. Nun passiert dasselbe mit uns.

Es liegt auf der Hand, dass dies für jeden Arbeiter, jede Arbeiterin eine unhaltbare Situation ist. Wir können das nicht weiter zulassen und unter uns um jeden Arbeitsplatz konkurrieren. Wir müssen uns international zusammenschließen und für unsere Interessen kämpfen.

Anstatt wieder einzuknicken, bleibt für uns in Tychy nichts anderes übrig als zu kämpfen. Wir rufen unsere KollegInnen zu Widerstand und Sabotage gegen eine Firma aus, die uns ausgesaugt hat und uns nun wieder ausspucken will.

ArbeiterInnen, es ist Zeit für Veränderungen!

Tychy, 13 Juni 2010