Revolution statt Reform - Schule und Ausbildung im Kapitalismus

Alle Jahre wieder, pünktlich zu Schulbeginn, wird in den Medien das ewig gleiche Theater losgetreten. Die sogenannte Bildungsdebatte. Ein breites Spektrum an Meinungen wird dargeboten. Da teilen Horden von linksbürgerlichen, vermeintlichen und selbsternannten “Experten“ ihre Empörung über mangelnde Chancengleichheit und zu hohe soziale Selektivität im Bildungssystems mit. Gleichzeitig wird über die schlechten Kenntnisse, das schlechte Abschneiden deutscher und österreichischer PflichtschülerInnen im internationalen Vergleich gejammert und skandinavische Länder mit Gesamtschule werden als Länder der tatsächlichen Chancengleichheit dargestellt. Nur dass wir wissen, dass es diese im Kapitalismus nicht geben kann. Auf der anderen Seite wird über den angeblichen Niveauabfall bei Gymnasium und Abitur hergezogen und HauptschülerInnen werden im medialen Einheitsbreigeschwätz als dumm, faul, “wertelos“ und kriminell dargestellt. Und im selben Zuge wird natürlich gleich noch Rassismus in Reinkultur zum besten gegeben und gefaselt, bei den MigrantInnen sei dies ja noch viel schlimmer, ja gar am allerschlimmsten. Dazu gibt’s noch lustige Erklärungen für Aggressivität und mangelndes Schulinteresse bei Jugendlichen- “Gewalt“computerspiele und was laut den Bürgerlichen sonst noch alles daran schuld sein soll. Jedenfalls erfüllen diese bürgerlichen ExpertInnen ihre Aufgabe als BildungsbürgerInnen im Kapitalismus sehr glänzend. Ihre Aufgabe ist es nämlich, das kapitalistische Ausbeutungssystem zu rechtfertigen und die wahren Ursachen für Kriminaität etc., die im Kapitalismus selber liegen, also von diesem erzeugt werden, zu verschleiern. Eben mit allerlei dieser himmelschreiend abstrusen Erklärungen- bürgerliche Weisheiten eben.

Marx und Engels stellten bereits vor über 150 Jahren fest:

Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken, d.h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht… Die herrschenden Gedanken sind nichts weiter als der ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse, die eben die eine Klasse zur Herrschenden machen, also die Gedanken ihrer Herrschaft.

Marx/Engels: Feuerbachkapitel in “Die deutsche Ideologie“

Die Herrschaft der Kapitalisten beruht auf ökonomischen Machtmitteln, auf deren Privateigentum an Produktionsmitteln. Die ArbeiterInnen verkaufen den Kapitalisten ihre Arbeitskraft und erarbeiten den Reichtum (Mehrwert, Profit) für die Kapitalisten; die sich diesen Reichtum, das Produkt fremder Arbeit (der Lohnarbeit der ArbeiterInnen), in ihre eigenen Taschen stecken. Diese Art der Lohnsklaverei, die Lohnarbeit stellt die moderne Form der Knechtschaft dar und hat frühere Formen wie Leibeigenschaft/Sklaverei abgelöst. Wer die Produktionsmittel kontrolliert und besitzt, also die herrschende Klasse der Kapitalisten, beherrscht und herrscht gleichzeitig auch über die Gedanken; also die Medien, die Wissenschaft, Schule und Ausbildung; kontrolliert diese und bestimmt damit über deren Inhalt. So sind Schule beziehungsweise Ausbildung keine neutralen Instanzen, sondern dienen immer nur den Interessen der herrschenden Klasse, der Bourgeoisie. In deren Interesse werden die Inhalte von Ausbildung und Schule gestaltet und vermittelt.

In Schule und Ausbildung wird man als Kind und Jugendliche/r direkt mit den jeweilig staatlich anerkannten Sichtweisen gefüttert und zu staatsbürgerlichen Werten hinerzogen. Der Staat wird als neutrale Instanz dargestellt, aber in Wirklichkeit ist der Staat Ausdruck der Klassenherrschaft. Der Staat als Instrument der herrschenden Klasse und Ausdruck deren Herrschaft entstand gleichzeitig mit dem Aufkommen des Privateigentums an Produktionsmitteln und der damit wiederum einhergehenden Spaltung der Gesellschaft in Klassen. Der Staat ist „in allen Fällen wesentlich Maschine zur Niederhaltung der unterdrückten, ausgebeuteten Klassen“ (Engels: Ursprung) und “offizieller Vertreter der kapitalistischen Gesellschaft“ (Engels: Anti-Dühring). Im Schulsystem wird zwar nicht mehr vom allmächtigen und durch die Gnade Gottes erwählten Kaiser gesprochen, sondern der Kapitalismus (meist wird von angeblich existierender sozialer Marktwirtschaft daherphantasiert) und die parlamentarische Demokratie als beste aller möglichen Welten und Systeme gepriesen. Die Form ändert sich, der Kern bleibt der Selbe.

In diesem Sinne entspringt die Einführung der staatlichen Schulpflicht nicht der humanistischen Absicht der Bourgeoisie, den von ihnen Unterjochten nun einfach Bildung zuteil werden zu lassen und ihnen damit zudem die Möglichkeit zu geben, selbst zu Herrschenden aufzusteigen; sondern diese wurde ganz klar als probates Disziplinierungs- und Unterdrückungsmittel eingeführt. Diese Funktion hat Schule und Ausbildung auch heute noch. Die staatliche Schulpflicht wurde eingeführt, weil sie für die Herrschenden notwendig war: Nämlich weil die Kinder sich von frühester Kindheit an so kaputtarbeiteten, dass sie ihm Soldatenalter keine guten Soldaten für den Staat mehr sein konnten. Später wurde es für den Kapitalismus notwendig, dass ArbeiterInnen lesen können, damit sie die komplizierten Maschinen bedienen können. So gibt der Kapitalismus den ArbeiterInnen nur so viel Bildung wie er gut heißt, wie also zum Funktionieren der Arbeitskraft der ArbeiterInnen im kapitalistischen System notwendig ist; und nur jene Bildung, die die Kapitalisten gut heißen.

Schule und Ausbildung und deren Funktion im Kapitalismus

Schule und Ausbildung in der kapitalistischen Klassengesellschaft heißt Erziehung zum Kapitalismus, zur Unterwerfung unters herrschende System und bedeutet Drill auf die hierfür notwendigen Eigenschaften. Es sollen durch Schule und Ausbildung für das kapitalistische System geeignete und an dieses angepasste ArbeiterInnen geschaffen werden, die sich widerstandslos vom Kapital ausbeuten lassen und die im Kapitalismus reibungslos funktionieren. Die Schule ist eine Fabrik zur Erzeugung der gesellschaftlichen, also vom Kapitalismus erwünschten und erforderten Verhaltensweisen und Denkmuster. Die Kinder aus der ArbeiterInnenklasse lernen in der Schule, brav zu sitzen und das Maul zu halten und das Konkurrenzprinzip zu verinnerlichen. In Schule und Ausbildung werden die Kinder aus der ArbeiterInnenklasse also zu Konkurrenz und Unterwürfigkeit/Unterwerfung unter bestehende (Herrschafts)verhältnisse erzogen. Die Hierarchie in der Schule bereitet auf das spätere Herrschaftsverhältnis im Lohnarbeitsverhältnis; auf die Existenz als LohnarbeiterIn vor. Den LehrerInnen folgen später ChefInnen (oder eben ArbeitsvermittlerInnen). Im Verhältnis der SchülerInnen zu den LehrerInnen lernen die SchülerInnen aus dem Proletariat schon, dass die LehrerInnen durch ihre Machtposition willkürlich machen können, was sie wollen und dass die proletarischen SchülerInnen dagegen nichts machen können, weil sie am kürzeren Ast sitzen und dass darum es am besten ist, sich widerstandslos den LehrerInnen zu fügen und sich den LehrerInnen und später den ChefInnen unterzuordnen. Diese Machtposition, in der sich die LehrerInnen befinden, ist ein soziales Verhältnis. Und da das SchülerIn-LehrerIn-Verhältnis eben ein gesellschaftliches Verhältnis ist, ändert sich nichts an diesem, wenn man zur Ausnahme einen LehrerIn hat, die eigentlich gar kein Machtverhältnis zu den SchülerInnen haben will. Durch das Stopfen der Kinder aus der ArbeiterInnenkasse mit den kapitalistischen Werten, welche in Schule und Ausbildung vermittelt werden; wie Gehorsamkeit und Kuschen gegenüber den vorgesetzten Autoritäten (zuerst LehrerIn, dann ChefIn) und Konkurrenz; wird die Akzeptanz des und die widerstandslose und widerspruchslose Unterordnung ins kapitalistische Herrschaftsverhältnisse intendiert. Und durch das Einlernen von Konkurrenz im Schulsystem wird staatlich systematisch versucht, das Entstehen von proletarischer Klassensolidarität präventiv zu verhindern.

Keine Anpassung an bürgerliche Normen

Schule/Ausbildung sind im Kapitalismus Disziplinierungsinstrumente für die ArbeiterInnenklasse. Zudem haben sie die Funktion, die Herrschaft des Kapitalismus zu rechtfertigen. In diesem Sinne herrscht im ganzen Schul/-Ausbildungssystem ein bildungsbürgerlicher Klassenrassismus vor. Kindern und Jugendlichen aus der ArbeiterInnenklasse wird vom Bürgertum attestiert, sie seien faul, kriminell und lernschwach, wenn nicht gleich dumm. Die Kinder und Jugendlichen aus der ArbeiterInnenklasse sollen schließlich selbst daran glauben, dass sie überflüssig und dumm sind; dass ihre soziale Lage (Arbeitslosigkeit, Schulversagen etc) ihr eigenes Verschulden ist und dass sie selbst daran schuld sind, ihre Bildungsmöglichkeiten nicht genützt zu haben. Mit dieser Ideologie “jede/r ist seines/ihres Glückes SchmiedIn“ rechtfertigt der Kapitalismus seine Klassenherrschaft. Die ArbeiterInnenklasse soll selber daran glauben, dass diese Herrschaft einer kleinen Minderheit (der Klasse der Bourgeoisie) über die große Mehrheit eine gerechte und gerechtfertigte ist. Ideologisch wird alles mögliche getan, damit die Herrschaft der Kapitalisten als die natürliche Ordnung der Dinge erscheint: Das Bürgertum verkündet, dass es normal sei, dass jene, die fähiger sind, über jene herrschen, die weniger fähig sind. Die Kapitalisten hätten sich ihre Herrschaft verdient und deren Herrschaft beruhe auf den größeren Fähigkeiten und der größerer Leistung der ach so fähigen und fleißigen Kapitalisten, deren Fleiß und Ehrgeiz eben belohnt werde- so und soweit das kapitalistische Lügenmärchengebilde.

Jenen, die im Konkurrenzdruck von Schule, Ausbildung oder Lehrstelle versagen oder die sich diesem bewusst entziehen, wird gesagt, sie seien SozialschmarotzerInnen oder doch zumindest faul, dumm und überflüssig. So werden Lehrlinge und SchülerInnen von ihren Vorgesetzten und LehrerInnen in der Regel zwar nicht mehr geprügelt, sonder auf diese Weise wird viel subtiler, aber genauso effektiv auf Unterwerfung unter kapitalistische Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse hingedrängt.

Viele proletarische Jugendliche erleben mittlerweile persönlich, dass auch gute Ausbildung, “braves“ Lernen, gute Schulnoten und hartes Arbeiten wie beispielsweise immer schön zu Überstunden bereit zu sein, nicht vor Arbeitslosigkeit schützen oder bewahren. Der Kapitalismus belohnt brave Unterordnung unter dessen Anforderungen eben nicht mit einem sicherem Arbeitsplatz. Ein immer größerer Teil der ArbeiterInnen ist arbeitslos oder arbeitet in Jobs, von denen sie nicht leben können; der andere Teil des Proletariats (und zudem weiter Teile der Mittelschichten) hackelt sich in der Arbeit förmlich zu Tode; durch Überstunden, wachsenden Arbeitsdruck und entfesselte Konkurrenz. Und hier liegen die wahren Ursachen für Depression, Drogensucht, Kriminalität. Viele und immer mehr können oder wollen dem extremen und sich permanent verschärfenden Anforderungen und Konkurrenzdruck in Schule, Lehre; generell Arbeitsplatz und Ausbildung nicht standhalten. Zahllose jugendliche und erwachsene ArbeiterInnen erkennen, dass sie im derzeitigen Kapitalismus sowieso keine Aussicht bzw. Chance auf Arbeitsplatz oder Lehrstelle haben und den Erfordernissen des Kapitalismus nicht entsprechen können. Zur wachsenden Reservearmee des Kapitalismus zu gehören bedeutet gleichzeitig bürgerlicher Hetze ausgesetzt zu sein; (medial) als faule SozialschmarotzerIn dargestellt zu werden, die es sich auf der sozialen Hängematte bequem machen würde. Auch indem die Bourgeoisie diese künstlichen Spaltungslinien innerhalb der ArbeiterInnenklasse (in Arbeitslose und Nichtarbeitslose) schafft und antreibt, gelingt es ihr, proletarische Klassensolidarität zu verhindern und sie kann dadurch Konkurrenz weiter anpeitschen.

Der Bourgeoisie bleibt es unverständlich, dass viele Kinder aus der ArbeiterInnenklasse sich dem extremen Konkurrenzdenken/Konkurrenzdruck nicht anpassen bzw. sich diesem nicht fügen wollen. Bürgerliche jeglicher Schattierung beklagen mangelndes Interesse von proletarischen Kindern und Jugendlichen an Schule, Lernstoff und Parlamentszirkus und in den Augen der Bürgerlichen weisen proletarische Kinder und Jugendliche noch eine Fülle an anderen (staatsbürgerlichen) Defiziten auf (z.B. Nichtwählen…)Gleichzeitig schreit das Bürgertum nach mehr Anpassung dieser proletarischen Kinder und Jugendlichen an die Werte des Systems- also Ellbogenmentalität, Aufstiegsstreben und Konkurrenzdenken. Doch es kann nicht darum gehen, dass das Proletariat sich an diese kapitalistischen, bürgerlichen Werte anpasst. Sondern darum, dass das Proletariat dem bürgerlichen Konkurrenzdenken proletarische Klassensolidarität entgegenhält und beginnt, sich gegen den Kapitalismus als Ganzes zur Wehr zu setzen.

Nicht reformieren, sondern zerschlagen

Die hohle linksbürgerliche Phrasendrescherei von der Chancengleichheit, die im Bildungssystem durch Förderung der angeblich ja so lernschwachen Kinder aus dem Proletariat herzustellen sei, stellt den Sachverhalt verschleiernd so dar, als käme es nur darauf an, dass gleich viele Kinder aus dem Proletariat wie Kinder aus dem Bürgertum studieren müssen und schon gäbe es keine Klassengesellschaft und keine Klassengegensätze mehr. Dem linksbürgerlichen Gelaber von der Chancengleichheit, die im Bildungssystem herzustellen sei, antworten revolutionäre KommunistInnen, dass diese Chancengleichheit durch die ganzen reformistischen Herumdoktoreien und Basteleien niemals hergestellt werden kann. Diese Reformen sind nichts anderes als ein Kratzen an der Oberfläche und schüren nur Illusionen, dass im Kapitalismus wesentliche Veränderungen und Verbesserungen durchführbar seien. Im Kapitalismus kann es aber diese vielbeschworene “Chancengleichheit“ nicht geben, denn der Kapitalismus beruht auf der Herrschaft einer Minderheit (der Klasse der Kapitalisten) über die Mehrheit, die ArbeiterInnenklasse. Solange der Kapitalismus besteht, wird’s nix mit der “Chancengleichheit“. Im Kapitalismus bleibt Chancengleichheit nur eine hohle Phrase, die im Kapitalismus niemals erreicht werden kann.

Erst aus den Trümmern des Kapitalismus kann Bildung entwachsen, die wirklich den Bedürfnissen der Menschen dient. Im Sozialismus/Kommunismus wird Bildung die Unterdrückungsfunktion, die ihr im Kapitalismus anhaftet, verlieren und zu einer emanzipatorischen Angelegenheit werden. Der Kommunismus/Sozialismus bedeutet das Ende der Herrschaft des Menschen über den Menschen. Der Kommunismus ist ein Prozess, eine gesellschaftliche “Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt.“ (Marx/Engels Feuerbachkapital in “die deutsche Ideologie“) Der Sozialismus ist eine Gesellschaft, in der es keine Trennung in Herrscher und Beherrschte und damit keine Klassen und Staaten mehr gibt. Die Trennung zwischen Hand- und Kopfarbeit, also die Trennung von körperlichen und geistigen Arbeiten und damit die bisherige Vorherrschaft der geistigen Arbeit über die manuelle, körperliche Arbeit wird mit dem Verschwinden der Klassengegensätze im Sozialismus ebenso der Vergangenheit angehören.

Dafür und für noch viel mehr lohnt es sich und ist es notwendig zu kämpfen und sich dafür wiederum zu organisieren- in einer internationalen und internationalistischen revolutionär kommunistischen Partei, deren Aufbau eine Voraussetzung und (Vor)bedingung für eine klappende und erfolgreich vor sich gehende sozialistische Revolution darstellt.