Das Problem des Nationalismus und die GKM (Gruppe Kommunistischer Maximalisten) Russland/Ukraine

State­ment der In­ter­na­tio­na­lis­ti­schen Kom­mu­nis­ti­schen Ten­denz - IKT

Ende No­vem­ber 2012 er­hiel­ten wir in eng­li­scher Spra­che ein Do­ku­ment mit dem Titel „Platt­form der Grup­pe Kom­mu­nis­ti­scher Ma­xi­ma­lis­ten“. Das Pa­pier ori­en­tier­te sich weit­ge­hend am po­li­ti­schen Be­zugs­rah­men der in­ter­na­tio­na­lis­ti­schen Kom­mu­nis­ti­schen Lin­ken. Al­ler­dings eben nur „weit­ge­hend“. In dem Do­ku­ment gab es eine selt­sa­me Be­zug­nah­me auf „Eth­ni­en“ bzw. „Eth­ni­zi­tät“, die sich nicht mit dem Rest der Platt­form deck­te. Auf un­se­re Nach­fra­ge teil­te uns die GKM dar­auf­hin mit, dass sie in die­sem Punkt schon eine Än­de­rung der Platt­form be­schlos­sen hät­ten, bzw. die be­sag­te Text­stel­le ge­än­dert hät­ten. Dar­auf­hin be­schlos­sen wir den da­hin­ge­hend mo­di­fi­zier­ten Text in meh­re­ren Spra­chen zu pu­bli­zie­ren. Es ist un­se­re gän­gi­ge Po­li­tik, die Do­ku­men­te neuer re­vo­lu­tio­nä­rer Grup­pen zu ver­öf­fent­li­chen, um so die in­ter­na­tio­na­len Dis­kus­si­ons­pro­zes­se zu be­för­dern.

An­fang 2013 er­fuh­ren wir, dass Vlad Bu­ge­ra, ein Be­trei­ber des rus­si­schen In­ter­net­blogs „Here­tik“, die GKM ve­he­ment kri­ti­sier­te. Er warf der GKM vor, na­tio­na­lis­tisch zu sein und, dass diese genau jene Ein­stel­lung vor uns ver­ber­gen wolle. Dabei wies er dar­auf hin, dass sich die Ver­si­on der GKM-​Platt­form auf un­se­rer Web­sei­te von der rus­si­schen Ver­si­on der GKM un­ter­schei­de. Als wir die GKM dar­auf­hin an­spra­chen, ent­schul­dig­te sie sich und er­klär­te, dass sie schlicht ver­ges­sen hätte, die be­schlos­se­nen Än­de­run­gen auf ihrer rus­si­schen Web­site in das Do­ku­ment ein­zu­fü­gen. Wir teil­ten dies wie­der­um Vlad Bu­ge­ra mit und schlu­gen ihm vor, sich die Vor­gän­ge auf der Web­site der GKM ge­nau­er an­zu­schau­en. Dar­auf­hin ver­öf­fent­lich­te Vlad Bu­ge­ra auf Lib­com und meh­re­ren Web­sites ein wei­te­res Do­ku­ment mit dem Titel „Brau­ne Mas­kera­de“, von dem er uns aber nicht vorab un­ter­rich­te­te. In die­sem Text griff er die GKM (und in ge­wis­ser Hin­sicht auch uns) er­neut an, und er­klär­te, dass ein Grün­dungs­mit­glied der GKM, Mar­len In­sa­rov, ein Na­tio­nal­bol­sche­wist sei. Al­ler­dings un­ter­grub er seine ei­ge­ne Glaub­wür­dig­keit mit der öf­fent­li­chen Un­ter­stel­lung, dass wir die ur­sprüng­li­che Platt­form der GKM auf un­se­rer Web­site ge­än­dert hät­ten. Dies, ob­wohl wir ihn vom Stand der Dinge be­rich­tet hat­ten und ihm aus­drück­lich mit­ge­teilt hat­ten, dass wir kei­ner­lei po­li­ti­sche Ver­ant­wor­tung für die GKM über­näh­men. Der ge­ra­de­zu hys­te­ri­sche Ton sei­ner Kri­tik mach­te die ganze Sache nicht ge­ra­de ein­fa­cher. Wir kon­fron­tier­ten die GKM mit den Be­haup­tun­gen Vlad Bu­ge­ras. Die GKM er­klär­te, dass die­ser in jeder Hin­sicht ein Lüg­ner sei, und so­wohl ihre Po­si­tio­nen, als auch die be­sag­ten Vor­gän­ge, ver­zerrt dar­stel­le. Fer­ner schick­te die GKM Vi­deo­ma­te­ri­al, wel­ches be­wei­sen soll­te, dass sie kei­nes­falls mit Na­tio­na­lis­ten, son­dern mit An­ar­chis­ten und An­ti­fa­schis­ten in Mos­kau zu­sam­men­ar­bei­ten wür­den.

Um uns ein ob­jek­ti­ves Bild der Lage zu ma­chen, baten wir auch neu­tra­le Be­ob­ach­ter der po­li­ti­schen Vor­gän­ge in Russ­land um ihre Mei­nung. So teil­te uns bspw. ein in Mos­kau le­ben­der Sym­pa­thi­sant der Kom­mu­nis­ti­schen Lin­ken mit, dass es für Vlad Bu­ge­ras An­schul­di­gun­gen kei­ner­lei Be­wei­se gäbe. Na­tür­lich lie­ßen wir es damit nicht be­wen­den, und baten einen wei­te­ren mit der Kom­mu­nis­ti­schen Lin­ken sym­pa­thi­sie­ren­den Ge­nos­sen, sich ein­ge­hen­der mit den Vor­wür­fen gegen die GKM aus­ein­an­der­zu­set­zen. Die­ser teil­te uns dar­auf­hin fol­gen­des mit:

Ich denke nicht, dass die Mit­glie­der der GKM na­tio­na­lis­tisch oder ho­mo­phob sind. Al­ler­dings sind sie sehr op­por­tu­nis­tisch und tre­ten für eine sehr über­trie­be­ne Ak­ti­ons­ein­heit der „Lin­ken“ ein, wobei sie auch die schlimms­ten Ele­men­te (wie bspw. die offen ras­sis­ti­sche und eth­no­zen­tris­ti­sche Grup­pe Volzi­na) ver­tei­di­gen. Des Wei­te­ren ten­die­ren sie dahin, die na­tio­na­lis­ti­sche und ho­mo­pho­be Mehr­heit des rus­si­schen Pro­le­ta­ri­ats zu um­schmei­cheln, indem sie in ihren Tex­ten eine ge­wis­se Zwei­deu­tig­keit an den Tag legen. Ich bin si­cher­lich kein be­son­ders gro­ßer Be­wun­de­rer Le­n­ins, den­noch möch­te ich hier einen sei­ner Be­grif­fe ver­wen­den: Sie sind in ge­wis­ser Hin­sicht Ver­söhn­ler.

Schließ­lich hat­ten wir die Ge­le­gen­heit, die GKM im Ver­lauf eines di­rek­ten Tref­fens mit den An­schul­di­gun­gen Vlad Bu­ge­ras und der oben auf­ge­führ­ten Ein­schät­zung des Ge­nos­sen zu kon­fron­tie­ren. Die­ses fand am 23 März in Parma statt. Die GKM stritt jede Zu­sam­men­ar­beit mit Na­tio­na­lis­ten ab und er­klär­te, dass sie die Be­grif­fe Kul­tur und Eth­ni­zi­tät nur in Bezug auf die Ar­bei­ter­klas­se ver­wen­den wür­den. Die mehr­stün­di­ge De­bat­te mit der GKM wurde in eng­li­scher Spra­che ge­führt und auf Ton­band auf­ge­nom­men. Wir geben hier ei­ni­ge Aus­zü­ge aus dem Pro­to­koll wie­der:

Die Ge­nos­sen der CWO kamen noch­mal auf die An­schul­di­gun­gen Vlad Bu­ge­ras zu­rück. Der schwer­wie­gends­te Vor­wurf bezog sich auf einen Ar­ti­kel des Ma­ga­zins „Komu­na“, in dem sich Mar­len In­sa­rov für ein Bünd­nis von Kom­mu­nis­ten mit den sog. „so­zia­len Na­tio­na­lis­ten“ der ras­sis­ti­schen „Volnitza“-​Grup­pe aus­ge­spro­chen hatte. Die GKM ant­wor­te­te dass Mar­len In­sa­rov damit nicht die ganze Grup­pe mein­te, son­dern auf un­zu­frie­de­ne Ele­men­te an­spiel­te, die sich in­ter­na­tio­na­lis­ti­schen Po­si­tio­nen an­schlie­ßen woll­ten (wozu es al­ler­dings nicht ge­kom­men sei). Wört­lich er­klär­te der Ver­tre­ter der GKM: „ Uns ist klar, dass wir kein Bünd­nis mit Na­tio­na­lis­ten ein­ge­hen kön­nen.“ Die CWO wies dann auf ei­ni­ge Ar­ti­kel der GKM zur Schwu­len­fra­ge hin, die min­des­tens eben­so frag­wür­dig seien. Der schlimms­te Ar­ti­kel, in dem Ho­mo­pho­bie und Ho­mo­phi­lie auf eine Stufe ge­stellt wur­den, (was sie na­tür­lich nicht sind) war wie­der­um von Mar­len In­sa­rov ver­fasst wor­den. Die GKM er­klär­te dar­auf­hin, dass sie die Schwu­len­be­we­gung als in­ter­klas­sis­tisch kri­ti­sie­ren würde. Wei­ter­hin ver­such­te die GKM zu er­klä­ren, warum Grup­pen wie die an­ar­cho­syn­di­ka­lis­ti­sche KRAS und Leute wie Vlad Bu­ge­ra der GKM ge­gen­über so feind­lich ein­ge­stellt seien. Dem wurde ent­geg­net, dass diese Grup­pen an die­ser Stel­le nicht von Be­deu­tung seien und es der IKT hier vor­ran­gig darum gehe, die Po­si­tio­nen der GKM zu ver­ste­hen. Wört­lich wurde er­klärt: „Uns geht es in ers­ter Linie um Fak­ten und Be­wei­se. In die­ser Hin­sicht sind die be­sag­ten pu­bli­zier­ten Do­ku­men­te von gro­ßer Be­deu­tung. Wir brau­chen hand­fes­te Be­wei­se, dass Ihr eben nicht ho­mo­pho­be und na­tio­na­lis­ti­sche Vor­ur­tei­le op­por­tu­nis­tisch auf­greift, um so in der Ar­bei­ter­klas­se punk­ten zu kön­nen. Dies war die Tak­tik von Wolff­heim und Lau­fen­berg die dar­auf setz­ten, die na­tio­na­lis­ti­schen Stim­mun­gen nach dem Ver­sail­ler Ver­trag aus­nut­zen zu kön­nen. (1) Das war und ist nicht nur ein tak­ti­scher Feh­ler, son­dern die Ab­kehr von in­ter­na­tio­na­lis­ti­schen Prin­zi­pi­en.“
Die GIS stell­te dar­auf­hin die Frage, wie die GKM auf die Ver­öf­fent­li­chung des Ar­ti­kels von Mar­len In­sa­rov re­agiert habe, in dem of­fen­kun­dig für eine Zu­sam­men­ar­beit von In­ter­na­tio­na­lis­ten und sog. „So­zia­len Na­tio­na­lis­ten“ ar­gu­men­tiert wurde. Die GKM er­wi­der­te dar­auf­hin, dass der Ar­ti­kel zu einer Zeit ge­schrie­ben wor­den war, in der In­sa­rov einer Vor­gän­ger­grup­pe der GKM an­ge­hört habe. In­sa­rov hätte sich damit ge­recht­fer­tigt, dass es ihm darum ge­gan­gen sei, einen Spalt­keil zwi­schen die Na­tio­na­lis­ten zu trei­ben. Falls ein sol­ches Ver­hal­ten In­sa­rovs noch­mal vor­kä­me, müsse man sich von ihm tren­nen, da jede Ver­bin­dung mit sog. „so­zia­len Na­tio­na­lis­ten“ Selbst­mord sei.
Die GIS er­wi­der­te dar­auf, dass es weder einen lin­ken noch einen „so­zia­len“ Na­tio­na­lis­mus, son­dern al­len­falls „Na­tio­nal­so­zia­lis­mus“ also Fa­schis­mus gäbe. Es ginge hier we­ni­ger um die Frage des Op­por­tu­nis­mus, son­dern um etwas kom­plett an­de­res. Dass der Ver­fas­ser des be­sag­ten Ar­ti­kels po­li­tisch ab­so­lut kon­fus sei, liege auf der Hand. Viel­mehr sei es Sache der GKM, das Pro­blem in den Griff zu be­kom­men.
Die GKM ant­wor­te­te dar­auf, dass In­sa­rov für sein Vor­ge­hen offen kri­ti­siert wor­den sei. Er sei sich je­doch nicht be­wusst ge­we­sen, dass er wie ein Na­tio­na­list agier­te, als er in der Ver­gan­gen­heit einen Mix aus „So­zia­lis­mus“ und „Na­tio­na­lis­mus“ zu­sam­men­stel­len woll­te. Doch diese Hal­tung habe, wie schon aus­ge­führt, nichts mit So­zia­lis­mus zu tun. Als ei­ni­ge Sym­pa­thi­san­ten der GKM vor­ge­schla­gen hät­ten, ge­wis­se Kon­zes­sio­nen an „pa­trio­ti­sche Ideen“ zu ma­chen, hätte jeder in der GKM, also dar­un­ter auch Mar­len In­sa­rov, dies ab­ge­lehnt. Eine trotz­kis­ti­sche Grup­pe hätte ver­sucht, die GKM in eine ge­mein­sa­me In­itia­ti­ve mit Na­tio­nal­bol­sche­wis­ten zu brin­gen. Auch dies hätte die GKM ab­ge­lehnt.
Die GKM ver­wahr­te sich wei­ter­hin gegen den Vor­wurf ho­mo­phob zu sein und stell­te dar, dass sie, be­zo­gen auf Russ­land, gegen die Iden­ti­täts­po­li­tik sei. Die GIS er­wi­der­te dar­auf, dass es Iden­ti­täts­po­li­tik über­all auf der Welt gäbe, aber ge­ra­de in Russ­land die schärfs­ten Ge­set­ze gegen Schwu­le und Les­ben auf den Weg ge­bracht wür­den. Von daher gehe es darum, un­miss­ver­ständ­lich auf der Seite der Un­ter­drück­ten zu ste­hen. Die sei ein Lack­mus­test für Kom­mu­nis­ten. (…) Die GKM er­klär­te, dass sie Ar­ti­kel über die schwu­len­feind­li­chen Ge­set­ze vor­be­rei­te und ihre Haupt­kri­tik darin be­stün­de, dass die Schwu­len – und Les­ben­be­we­gung den Klas­sen­kampf igno­rie­ren würde. Die GIS er­klär­te, dass dies si­cher­lich ein Pro­blem sei, die Vor­aus­set­zung, an sol­chen Ten­den­zen und Grup­pen Kri­tik zu üben, aber eine un­miss­ver­ständ­li­che und un­ver­söhn­li­che Hal­tung gegen jede Form der Ho­mo­pho­bie und des Se­xis­mus sei. Die An­zie­hungs­kraft der „Iden­ti­täts­po­li­tik“ sei im we­sent­li­chen Aus­druck der Schwä­che von Kom­mu­nis­ten, mehr Schwu­le und Les­ben (und wie die CWO er­gänz­te Frau­en im All­ge­mei­nen) für eine re­vo­lu­tio­nä­re pro­le­ta­ri­sche Be­we­gung zu ge­win­nen.
Die GKM bot dar­auf­hin an, diese Fra­gen wei­ter­hin mit der IKT zu dis­ku­tie­ren. Die CWO be­grüß­te dies, und stell­te klar, dass es der GKM frei­ste­he, ihre Po­si­tio­nen offen und ehr­lich zu äu­ßern. Vor­aus­set­zung für wei­ter­ge­hen­de Dis­kus­sio­nen sei je­doch, dass die be­sag­ten The­men wei­ter ver­tieft und ge­klärt wür­den. Die GIS frag­te dar­auf­hin, warum die GKM noch keine Ant­wort auf die Kri­tik von Vlad Bu­ge­ras ver­fasst habe. Dazu er­klär­te die GKM, dass ihr voll­kom­men klar sei, dass die IKT da­durch in Mit­lei­den­schaft ge­zo­gen wurde, und sie eine Ant­wort ver­fas­sen müss­te. Damit gab sich die GIS nicht zu­frie­den. Es sei in ers­ter Linie Sache der GKM, sich in die­ser An­ge­le­gen­heit zu ver­tei­di­gen. Im Üb­ri­gen sei dies nicht ein­fach eine „rus­si­sche An­ge­le­gen­heit“ son­dern eine in­ter­na­tio­na­le. Auch in Deutsch­land wür­den Nazis ver­su­chen in lin­ken Ge­wäs­sern zu fi­schen und Bünd­nis­se von „lin­ken“ und rech­ten Na­tio­na­lis­ten pro­pa­gie­ren. Da­ge­gen pro­tes­tier­te die GKM. Nie­mand in der Grup­pe habe so etwas ge­schrie­ben und pro­pa­giert, und dies sei in Russ­land auch all­ge­mein be­kannt. Die GKM er­klär­te, das Pro­blem auf einer Kon­fe­renz be­ra­ten zu wol­len, und eine ent­spre­chen­de Ant­wort an Vlad Bu­ge­ra zu ver­fas­sen. Der Ent­wurf die­ses Tex­tes würde der IKT vor­her zu­ge­hen. Eben­so er­klär­te sie, dass das Pro­blem mit dem Ar­ti­kel von In­sa­rov in der Grup­pe dis­ku­tiert und ge­löst wer­den müsse, um keine Kon­fu­sio­nen und Zwei­deu­tig­kei­ten auf­kom­men zu las­sen. Ein Ge­nos­se von Batta­glia Co­mu­nis­ta fügte hinzu, dass die GKM als Grup­pe in­ten­si­ver dis­ku­tie­ren müsse, um si­cher­zu­stel­len, dass jeder in der Grup­pe mit den Po­si­tio­nen über­ein­stim­me. Sie bräuch­te eine kol­lek­ti­ve Her­an­ge­hens­wei­se und mehr Zen­tra­li­sie­rung. um Kon­fu­sio­nen zu ver­mei­den. Die GKM hätte im Zuge der Grup­pen­bil­dung Feh­ler ge­macht und letzt­end­lich die be­sag­te Her­an­ge­hens­wei­se an Na­tio­na­lis­ten zu­ge­las­sen. Er be­ton­te, dass die IKT ein po­li­ti­sches Ver­hal­ten wie es Mar­len In­sa­rov an den Tag legte, bei kei­nem Mit­glied to­le­rie­ren würde.

Das Pro­to­koll die­ser Dis­kus­si­on zeigt deut­lich, dass wir be­züg­lich der GKM un­se­re Zwei­fel und Be­den­ken hat­ten. Da sich die GKM je­doch ve­he­ment gegen den Vor­wurf wehr­te, Ver­bin­dun­gen zu na­tio­na­lis­ti­schen Krei­sen zu un­ter­hal­ten, ent­schlos­sen wir uns, die schrift­li­che Ant­wort bzw. Wi­der­le­gung die­ser An­schul­di­gun­gen sei­tens der GKM ab­zu­war­ten. Es war uns klar, dass dies (nicht zu­letzt auf­grund von Sprach-​und Über­set­zungs­pro­ble­men) ei­ni­ge Zeit dau­ern würde. Heute müs­sen wir uns ein­ge­ste­hen, dass es ein Feh­ler war, der GKM keine feste Frist ge­setzt zu haben. Die Er­klä­rung ließ auf sich war­ten. Nach meh­re­ren Ver­spre­chun­gen und Ver­trös­tun­gen sei­tens der GKM baten wir schließ­lich, uns bis Ok­to­ber 2013 eine ent­spre­chen­de Klar­stel­lung zu­kom­men zu las­sen. Dar­auf er­hiel­ten wir keine Ant­wort und haben seit­dem nichts mehr von der GKM ge­hört. Dies war und ist in mehr­fa­cher Hin­sicht merk­wür­dig und be­zeich­nend, zumal immer noch der schwer­wie­gen­de Vor­wurf einer Zu­sam­men­ar­beit mit Na­tio­na­lis­ten im Raum stand. Nach dem Aus­bruch der po­li­ti­schen Krise in der Ukrai­ne schrie­ben wir aber­mals an die GKM und frag­ten nach ihrer Ein­schät­zung und Po­si­ti­on. Wie­der er­hiel­ten wir keine Ant­wort. Statt­des­sen muss­ten wir fest­stel­len, dass sich auf der Web­site der GKM bi­zar­re Sa­chen ab­spiel­ten und u.a. Texte von re­ak­tio­nä­ren na­tio­na­lis­ti­schen Or­ga­ni­sa­tio­nen ver­öf­fent­licht wur­den. Dabei han­del­te es sich zum einem um die offen fa­schis­ti­sche Grup­pe „Na­r­od­na­ja Wolja“ (Volks­wil­le), die sich für die „Ver­tei­di­gung eth­ni­scher und ras­si­scher Iden­ti­tät“ gegen Im­mi­gran­ten aus­spricht und auch sonst durch die Ver­wen­dung fa­schis­ti­scher Sym­bo­le wie dem Kel­ten­kreuz kei­nen Hehl aus ihrer Ge­sin­nung macht. Fer­ner wurde ein Text der sog. „Na­tio­nal-​Kom­mu­nis­ti­schen Front des Eu­ro­maid­ans“ pu­bli­ziert, der sich offen auf die Tra­di­ti­on des Na­tio­nal­bol­sche­wis­mus und der UPA Ste­pan Ban­de­ras be­zieht, der wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges für die Er­mor­dung von hun­dert­tau­sen­den Juden und Polen ver­ant­wort­lich war. Zwar wer­den diese Grup­pen in den je­wei­li­gen Ein­lei­tungs­tex­ten der GKM mal mehr oder we­ni­ger deut­lich kri­ti­siert, gleich­zei­tig ent­steht aber der Ein­druck, dass sie auf der Seite der Ar­bei­ter­klas­se stün­den, bzw. Teil des „lin­ken La­gers“ und damit Dis­kus­si­ons-​ bzw. Bünd­nis­part­ner seien. Dafür kann es nur zwei Grün­de geben: Ent­we­der ver­folgt die GKM (trotz all ihrer Be­teue­run­gen uns ge­gen­über) eine Bünd­nis­po­li­tik mit re­ak­tio­nä­ren und na­tio­na­lis­ti­schen Grup­pen, oder sie scheint nicht zu ver­ste­hen, dass sie al­lein durch die Ver­öf­fent­li­chung sol­cher Texte der re­ak­tio­nä­ren Ideo­lo­gie die­ser Grup­pen ein Ein­falls­tor bie­tet.

Wie man es dreht und wen­det, der an­ge­rich­te­te Scha­den ist enorm. Wir sind uns der be­son­de­ren Pro­ble­me in Ost­eu­ro­pa be­wusst. Na­tio­na­lis­ti­sche Ideen sind weit ver­brei­tet und die po­li­ti­schen Kon­fu­sio­nen (ins­be­son­de­re unter Ju­gend­li­chen) sind nach wie vor groß. (2) Kom­mu­nis­ten ste­hen vor der schwe­ren Auf­ga­be, po­li­ti­sche Klä­rungs­pro­zes­se vor­an­zu­trei­ben. Die kon­se­quen­te Ver­tei­di­gung in­ter­na­tio­na­lis­ti­scher Po­si­tio­nen sowie das kom­pro­miss­lo­se Auf­tre­ten gegen alle For­men ras­sis­ti­scher und se­xis­ti­scher Un­ter­drü­ckung ist hier­für eine Grund­vor­aus­set­zung. In die­ser Hin­sicht hat die GKM auf gan­zer Linie ver­sagt. Die Vor­ge­hens­wei­se der GKM ist ein kla­rer Bruch mit in­ter­na­tio­na­lis­ti­schen Prin­zi­pi­en und nicht zu­letzt der re­vo­lu­tio­nä­ren Tra­di­ti­on des Ma­xi­ma­lis­mus (3), die sie zu ver­tre­ten vor­gibt.

In­ter­na­tio­na­les Büro der IKT (März 2014)

(1) Wolff­heim und Lau­fen­berg waren Grün­dungmit­glie­der der KPD und spä­ter der links­kom­mu­nis­ti­schen KAPD. Unter dem Ein­druck des Ver­sail­ler Ver­trags ent­wi­ckel­ten sie zu­neh­mend na­tio­na­lis­ti­sche Po­si­tio­nen und wur­den um­ge­hend aus der KAPD aus­ge­schlos­sen.

(2) So be­rich­tet bspw. ein an­ar­chis­ti­scher Ge­nos­se in einem In­ter­view mit einem lin­ken Ra­dio­sen­der fol­gen­des über die Si­tua­ti­on in der Ukrai­ne: As­he­vil­le Fm radio: Ich habe mir die Web­site von Di­mit­rov Kut­chin­sky an­ge­schaut. Der Typ muss ver­rückt sein. Es gibt dort auch Be­zü­ge auf den Na­tio­nal-​An­ar­chis­mus. Denys: “Ist Euch die­ses Kon­zept be­kannt?” As­he­vil­le Fm radio: Ja es gibt auch in den USA ein paar Idio­ten, die so auf­tre­ten, z.B. in San Fran­cis­co, New York und Chi­ca­go. Ist so etwas in der Ukrai­ne weit ver­brei­tet? Denys: “Ja und wie. Es ist sehr po­pu­lär, linke Dinge bspw. in einer an­ti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Rhe­to­rik zu ver­men­gen. Die an­ar­chis­ti­sche Po­si­ti­on gilt als tren­dy und cool, damit kannst du so­fort punk­ten. Aber viele ver­men­gen das mit na­tio­na­ler Sym­bo­lik, die ge­ra­de bei Ju­gend­li­chen eben­falls als cool und tren­dy gilt. Be­son­ders Teen­ager haben kein Pro­blem beide Sa­chen zu ver­bin­den. Das wirkt sich be­son­ders in der Ukrai­ne aus, wo aus Mach­no ein gro­ßer My­thos ge­macht wird. Heute ist Mach­no ein in­te­gra­ler Be­stand­teil der na­tio­na­len My­tho­lo­gie. Da er gegen die Bol­sche­wi­ki kämpf­te, müsse er für die Ukrai­ne, für eine un­ab­hän­gi­ge Ukrai­ne, für die Herr­schaft des Volkes ge­kämpft haben usw. Das ist na­tür­lich ab­so­lu­ter Blöd­sinn, aber die­ser My­thos ist sehr po­pu­lär. Und diese Po­pu­la­ri­tät führt zu der Syn­the­se von rech­ten und lin­ken Ele­men­ten, zum sog. Drit­ten Weg im Sinne der Terza po­si­tio­ne also der ita­lie­ni­schen fa­schis­ti­schen Tra­di­ti­on.“ ​www.​indymedia.​ie

(3) Die Ma­xi­ma­lis­ten ent­stan­den 1906 als Links­ab­spal­tung der So­zi­al­re­vo­lu­tio­nä­ren Par­tei (PSR). Sie lehn­ten die Stu­fen­theo­rie und Re­form­vor­stel­lun­gen der PSR ab und tra­ten für ein „Ma­xi­mal­pro­gramm“, d.h. die um­ge­hen­de So­zia­li­sie­rung des Lan­des und der Pro­duk­ti­ons­mit­tel ein. Die Ma­xi­ma­lis­ten waren strikt an­ti­par­la­men­ta­risch ori­en­tiert und mach­ten sich durch mi­li­tan­te di­rek­te Ak­tio­nen (At­ten­ta­te und Ex­pro­pria­tio­nen) einen Namen. Au­ßer­halb Russ­lands ist diese Strö­mung heute kaum be­kannt. Einen ers­ten Zu­gang bie­ten Man­fred Hil­der­mei­er: Die so­zi­al­re­vo­lu­tio­nä­re Par­tei Russ­lands: Agrar­so­zia­lis­mus und Mo­der­ni­sie­rung im Za­ren­reich (1900-​1914) Köln, Wien 1978 sowie Roman Da­nyl­uk: Frei­heit und Ge­rech­tig­keit. Die Ge­schich­te der Ukrai­ne aus li­ber­tä­rer Sicht, Lich 2010 .

Sunday, March 16, 2014