Die Gewerkschaften, der Klassenkampf und die KommunistInnen

Die Gewerkschaften als sog. „Transmissionsriemen“

Kommunistisches Bewußtsein ist eine Widerspiegelung des Klassenkampfes der ArbeiterInnenklasse. Es entsteht nicht direkt in Folge der Kämpfe aber es basiert auf den Schlussfolgerungen einer Minderheit in der Klasse, die aus den Lehren der Kämpfe gewonnen werden. So entwickelt sich eine revolutionäre Organisation oder Partei, die das langfristige Ziel der ArbeiterInnenklasse in Form eines kommunistischen Programms zum Ausdruck bringt. Für dessen Verbreitung muss innerhalb der breiteren Schichten der ArbeiterInnenklasse und ihren Auseinandersetzungen gekämpft werden. Einen großen Beitrag zu dieser Theorie enthalten die Schriften Lenins, die aus den Erfahrungen der Aktivitäten der Bolschewiki in der Klasse resultierten.

Daher ergibt sich „von selbst die Aufgabe, die zu verwirklichen die russische Sozialdemokratie [der Begriff russische Sozialdemokratie ist hier im kommunistischen Sinne verwendet] berufen ist. Die sozialistischen Ideen und das politische Selbstbewußtsein in der Masse des Proletariats zu verankern und eine revolutionäre Partei zu organisieren, die mit den spontanen Bewegungen der Arbeiterbewegung unlösbar verbunden ist."(1)

Angesichts der materiellen Bedingungen, mit denen das Proletariat tagtäglich im Kapitalismus konfrontiert ist, wird die Klasse aus der Sicht der materialistischen Auffassung von der Entstehung des Bewusstseins und dem Gewicht der herrschenden Ideologie bestenfalls in einen „einfachen" Kampf um Forderungen gedrängt. Die organisierte Avantgarde der Klasse (die Partei) wird vielmehr von denjenigen gebildet, die bei der Entwicklung des revolutionären Bewusstseins über die historische Periode und die Ebene des Klassenkampfes hinausblicken. Die Partei beteiligt sich aktiv an den Kämpfen, passt sich aber nicht der Spontaneität der Bewegung an, sondern muss aktiv werden, indem sie sich selbst zum kommunistischen politischen Bezugspunkt macht und das Proletariat darin stärkt revolutionäres Bewusstsein zu entwickeln. Die Aufgabe der KommunistInnen besteht nicht darin, um Lenin zu paraphrasieren, sich passiv in den Dienst der ArbeiterInnenbewegung zu stellen. Vielmehr haben sie die Aufgabe für die Interessen der gesamten Bewegung als Ganzes einzutreten um der Bewegung ihr Endziel, den Umsturz des Kapitalismus, aufzuzeigen.

Ein/e KommunistIn muss daher in den Klassenkampf eingreifen und sich dafür einsetzen, das Klassenbewusstsein auf ein revolutionäres Niveau zu bringen. Auf welche Weise drückt sich der Kampf des Proletariats selbst aus? Das ist die entscheidende Frage. Die Art und Weise wie sie beantwortet wird, bestimmt das praktische Handeln der KommunistInnen entscheidend und wird den Verlauf der Aktion und die zu wählende Taktik beeinflussen. Unter Bezugnahme auf die Geschichte der ArbeiterInnenbewegung kamen Lenin und die KommunistInnen jener Zeit zu der Schlussfolgerung, dass der organisatorische Rahmen, durch den sich der Kampf der Arbeiterklasse ausdrücken würde, die Gewerkschaft sei. Keiner der KommunistInnen betrachtete die Gewerkschaften als revolutionäre Organe, aber sie wurden als das zentrale Instrument der ArbeiterInnenklasse in den Forderungskämpfen angesehen. Diese Schlussfolgerung sollte natürlich die Taktik der KommunistInnen beeinflussen. Diese Taktik verlangte eine spezifische Arbeit innerhalb der Gewerkschaften, die darauf abzielte, die Führung der Gewerkschaften zu erobern; sie den Händen der Reformisten zu entreißen, um die Klasse in einem revolutionären Sinne zu beeinflussen, so dass die Gewerkschaft damals als „Transmissionsriemen" zwischen der Partei und der Klasse angesehen wurde. Diese taktische Schlussfolgerung wurde von allen kommunistischen Parteien übernommen, die der Dritten Internationale angehörten, einschließlich der von der kommunistischen Linken geführten PC d'Italia.

Die Konfrontation mit den historischen Erfahrungen

Es macht für marxistischen Materialisten keinen Sinn, eine taktische Entscheidung zu einem Dogma zu erheben. Für MarxistInnen sind die Analyse, das Programm, die anzuwendenden Taktiken in erster Linie eine Reaktion auf die vorhandenen sozialen Realitäten. Sie müssen den historischen Realitäten gerecht werden. Die geschichtlichen Ereignisse haben deutlich gezeigt, wie unmöglich es für die KommunistInnen war, die Gewerkschaften zu erobern. Folglich hatte sich „die taktische Nutzung“ der Gewerkschaften als „Transmissionsriemen" mehr als einmal als unbrauchbar und falsch erwiesen.(2)

Und das ist noch lange nicht alles. Der ökonomische Kampf - das heißt der Kampf um die Verteidigung der unmittelbaren Lebens- und Arbeitsbedingungen - ist der erste Moment in der Konfrontation der herrschenden Klasse mit dem Proletariat. Eine echte Wiederbelebung des Klassenkampfes durch das Proletariat, ein offener Kampf gegen die herrschende Klasse, kann nur unter der Kontrolle der ArbeiterInnen erfolgen. Dies ist ein entscheidender Punkt: Die Geschichte eines Jahrhunderts hat uns das anhand aller Begrenzungen der Gewerkschaftsform gezeigt. Es hat sich offenbart, dass die Gewerkschaften nicht in der Lage sind, der ArbeiterInnenklasse eine wirkliche Führung zu geben, in dem Sinne dass sie auf der Ebene der Forderungen und darüber hinaus eine offene Konfrontation mit den Bourgeoisien fördern und zuspitzen. Diese Unfähigkeit ist nicht einfach auf den Verrat dieses oder jenes Gewerkschaftsführers zurückzuführen. Sie liegt in der Natur der Gewerkschaftsform selbst begründet.

Die Form der Gewerkschaft war der ureigene Ausdruck des Kampfes der ArbeiterInnenklasse unter den strukturellen (Aufstieg des Kapitalismus und freier Wettbewerb) und darüber hinausgehenden (im Verhältnis zwischen Staat und Gewerkschaften) Bedingungen des 19. Jahrhunderts. Dies hat sich verändert; die Gewerkschaft hat ihren ursprünglichen Wesenskern verloren. Die „Involution" der Gewerkschaften war ein so umfassender Prozess, der uns zum Umdenken zwingt: Die Gewerkschaften wurden um 1800 als ein Instrument des Kampfes gegründet und entwickelten sich aufgrund ihres ureigenen Charakters zu „institutionellen Gewerkschaften" und keineswegs nur wegen der Fehler oder des Verrats des einen oder anderen Gewerkschaftsführers.

Die Schlussfolgerung bedeutet nicht die Kernpunkte der „alten" Formulierung des Verhältnisses von Partei und Klasse in Frage zu stellen. Sie ist unserer Meinung nach immer noch vollkommen gültig. Nein, aus den Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen, bedeutet dass die Taktik, die auf die Eroberung der Gewerkschaften durch die Kommunistnnen und die Nutzung dieser Organe als „Transmissionsriemen" abzielt, als unwirksam zu betrachten ist.

Schauen wir uns die historische Realität an, indem wir uns auf drei sehr wichtige Beispiele konzentrieren: den Ersten Weltkrieg, die „Zwei Roten Jahre"(bienni rossi) in Italien und die „Oktoberrevolution" in Russland. Beginnen wir mit dem Ersten Weltkrieg, einem Krieg, der von den großen imperialistischen Mächten verursacht wurde, die um die Aufteilung der Welt kämpften. Die sozialistischen Parteien, die Sozialdemokraten, die Reformer, sie alle haben sich - mit wenigen Ausnahmen - auf die Seite ihrer nationalen Bourgeoisie gestellt und so dazu beigetragen, das Proletariat in den Krieg hinein zu ziehen. Die von sozialdemokratischen Parteien geführten Gewerkschaften unterstützten ihre „eigene" nationale Bourgeoisie. Es war das erste klare Beispiel dafür, dass die Gewerkschaften mit wehenden Fahnen das „national-staatliche System" verteidigten.

Schauen wir uns eine Zeit und Orte an, die aus revolutionärer Sicht sogar noch relevanter sind: Russland im Jahr 1917. Die historische Periode um 1917 stellte zweifellos den bisherigen Höhepunkt des Proletariats als Protagonist und den höchsten Grad an politischer Organisation dar, der von KommunistInnen erreicht wurde. Russland war das einzige Beispiel, in dem der revolutionäre Angriff vollendet wurde: Der einzige Zeitraum in der die politische Macht der herrschenden Klasse (Zaristen und bürgerliche Sozialdemokraten) durch das Proletariat im Bündnis mit den armen Bauern und unter Führung der bolschewistischen Partei gestürzt wurde. Doch diese Revolution fand statt, ohne dass die Bolschewiki die Führung der bestehenden Gewerkschaften erobert hätten (ohne sie als „Transmissionsriemen" zu benutzen). Es gab andere Organe, welche die Revolutionäre anführen konnten - die Sowjets und zuvor - ein grundlegender Meilenstein - die Fabrikkomitees. Den Bolschewiki war es gelungen, die Massen der ArbeiterInnen und Soldaten zu gewinnen und sie zur revolutionären Aktion zu führen, aber gleichzeitig wurde keine einzige Gewerkschaft von den Bolschewiki geführt, nicht eine einzige! In der Tat gab es nicht wenige offen konterrevolutionäre Aktionen, die von Gewerkschaften in Russland vor und nach 1917 durchgeführt wurden. Um nur einige zu nennen: Die Gewerkschaft der Eisenbahner beteiligte sich an dem konterrevolutionären "Komitee zur Rettung" und gab den Befehl, keine bolschewistischen Truppen zu transportieren; die Post- und Telegrafengewerkschaften versuchten, die bolschewistische Korrespondenz mit dem Smolny-Institut zu behindern, die Gewerkschaft der Bankangestellten riefen Streiks aus, um die Aktivitäten der entstehenden revolutionären Institutionen zu stören...

Zuguterletzt ein sehr bezeichnendes Beispiel: Das Verhalten des Allgemeinen Gewerkschaftsbundes [CGdL](3) während der „Zwei Roten Jahre" (1919-1920) in Italien. Mitten in den Fabrikbesetzungen hat die CGdL (zusammen mit der PSI), anstatt zu versuchen, den Klassenkampf auszuweiten (zumindest auf dem einfachen Terrain der Forderungen), genau das Gegenteil getan: Sie isolierten die Proteste in den Fabriken und versuchten gleichzeitig eine Einigung im Metallarbeiterkonflikt zu erreichen. In einem Papier, das der Regierung Giolotti vorgelegt wurde, forderten sie diese auf:

"das bisherige Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern dahingehend zu ändern, dass letztere durch ihre Gewerkschaften die Möglichkeit haben, den wahren Zustand der Industrie, ihren finanziellen und technischen Betrieb zu kennen, und durch ihre Betriebsvertretungen - als Ausdruck der Gewerkschaften - an der Durchführung von Vorschriften mitzuwirken, die Einstellung und Entlassung von Personal zu kontrollieren und so den normalen Ablauf des Werkstattlebens mit der notwendigen Disziplin zu fördern."(4)

Man könnte argumentieren, dass dieses Verhalten der Gewerkschaften auf ihre reformistische Führung zurückzuführen sei, aber der Punkt ist folgender: Die Führung der Gewerkschaften konnte und kann nur reformistisch sein. Die drei Beispiele, die wir gesehen haben, sind bedeutsamer, weil sie aus einer historischen Periode proletarischer Aufstände stammen, die vom revolutionären Standpunkt aus gesehen inspirierend sind. Es ist wahr, dass die Kommunistische Internationale selbst und die mit ihr verbundenen Parteien Mitte der 1920er Jahre konterrevolutionär wurden, aber dieser Prozess war der politische Ausdruck einer konterrevolutionären Periode. Im Gegensatz zu den historischen Schlüsselmomenten von 1917 und den „Zwei Roten Jahren", die potenziell revolutionäre Perioden waren. Selbst wenn wir über die genannten Beispiele hinausschauen, wurde zu diesem historischen Zeitpunkt nicht nur keine Gewerkschaft von den Kommunisten erobert (nicht einmal in Russland!), sondern die Gewerkschaften wurden in vielen Fällen zu Hindernissen für den proletarischen Kampf.

Zur Entstehung, Merkmalen und der Rolle der Gewerkschaft

Die „alten" Gewerkschaften unterschieden sich in vielerlei Hinsicht von den heutigen, doch im Laufe der Jahre wiesen beide die drei Merkmale auf, die eine Gewerkschaft auszeichnen:

  1. Sie sind ein Organ der Vermittlung zwischen Kapital und Arbeit;
  2. Sie folgen der Logik der Delegationsprinzips und der Vertretung;
  3. Sie verkörpern den politischen Reformismus

Zunächst einmal entspricht das erste Merkmal dem Naturell der Gewerkschaftsform. Es erklärt die Entwicklung der Rolle der Gewerkschaften im Laufe der Jahre: Von Organen zur Verteidigung der Bedingungen der Arbeitnehmer zu „institutionellen Gewerkschaften". Konzentrieren wir uns also zunächst auf diesen Aspekt. Im 19. Jahrhundert konnte ein Teil des Proletariats wesentliche Errungenschaften durchsetzen, die es ihm ermöglichten, seine täglichen Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die Gewerkschaften entstanden genau in dieser historischen Phase, einer Phase schwerer Konflikte zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat, und sollten eine wichtige Rolle bei der Organisation und den Errungenschaften der Klasse spielen. Diese Gewerkschaften unterschieden sich in vielerlei Hinsicht von den heutigen, denn sie wurden von den ArbeiterInnen gegründet, ohne allzu viel Bürokratie. Auch wenn diese Gewerkschaften begrenzte Werkzeuge für die Klasse waren und dies von allen Revolutionären anerkannt wurde: Sie waren „einfache" Organisationen zur Verteidigung der Bedingungen der ArbeiterInnen (innerhalb des kapitalistischen Systems), nicht-revolutionäre Organisationen.

Diese Gewerkschaften stammen aus einer völlig anderen historischen Epoche als der heutigen. Sie entstanden in der aufstrebenden Phase des Kapitalismus(5), die durch einen Markt des „freien Wettbewerbs" gekennzeichnet war. Diese beiden Aspekte - die Phase des Aufstiegs und der freie Wettbewerb - bedeuteten folgendes:

  1. Selbst wenn die herrschende Klasse (natürlich) keine Zugeständnisse machen wollte, verfügte das System über genügend Spielräume, um die Kosten für die Verbesserungen, welche die Klasse durch den Kampf erzwang, ohne große Schwierigkeiten zu absorbieren;
  2. Die Tendenz zur Globalisierung der Wirtschaft war bereits vorhanden, hatte aber noch nicht die für die imperialistische Epoche typischen Produktions- und Finanzmonopole hervorgebracht.

Ein weiterer grundlegender Aspekt: Die Bourgeoisie, der Staat, hat in dieser historischen Phase die Gewerkschaften nicht anerkannt, ihnen keine Legitimität verliehen. Die Gewerkschaften waren zwar Vermittlungsinstanzen, aber diese Vermittlung wurde vom bürgerlichen Staat nicht anerkannt, es kam nur zu einem Konflikt zwischen Gewerkschaften/ArbeiterInnen und der Bourgeoisie.

Was hat sich also in der imperialistischen Epoche, im zwanzigsten Jahrhundert, verändert? Im späten 19ten und frühen 20ten Jahrhunderts begann der Kapitalismus die Merkmale des Imperialismus zu entwickeln, es entstanden die großen Produktions- und Finanzzentren, die weltweit miteinander konkurrierten, die Phase der „freien Konkurrenz" (wenn es sie in der bürgerlichen Wirtschaft überhaupt je gegeben hat) lag hinter uns. In diesem Kontext der internationalen Konkurrenz begann die nationale Bourgeoisie, die Gewerkschaften nicht nur als legale Vermittler zwischen Arbeitern und Bossen anzuerkennen um den Preis der Arbeitskraft zu steuern (unter den Erfordernissen der Kapitalverwertung und der Konkurrenz des „nationalstaatlichen Systems" auf internationaler Ebene). Im Laufe der Jahre übernahmen die Gewerkschaften die Rolle des Vermittlers und wurden so zu „institutionellen" Gewerkschaften. Diese Entwicklung war unvermeidlich, eine Folge des Charakters der Gewerkschaften: Als Vermittlungsinstanzen zwischen zwei Parteien - ArbeiterInnen und Bossen - strebten die Gewerkschaften nach Anerkennung und Legitimität auf beiden Seiten, insbesondere von Seiten der herrschenden Klasse, also des Staats.

Ein weiterer entscheidender Punkt war, dass der Konflikt zwischen Unternehmern und Lohnabhängigen im 19. Jahrhundert einen meist lokal begrenzt Charakter hatte. Die Veränderungen in der Struktur des Kapitalismus in seiner imperialistischen Phase mit dem Verschwinden der „freien Konkurrenz", der Vorherrschaft von Produktions- und Finanzmonopolen, dem internationaler Wettbewerb führten dazu, dass sich der Konflikt auf die Ebene des Nationalstaates ausweitete und die nationalen Unternehmerverbände immer direkter in den wirtschaftlichen Konflikt zwischen Arbeit und Kapital einbezogen wurden.

Die Gewerkschaften haben im Laufe der Jahre ihre wesentliche Eigenschaft als Organe zur Aushandlung der Arbeitskraft und zur Vermittlung zwischen Kapital und Arbeit nicht verloren. Wenn diese Eigenschaft, die für die Gewerkschaften von grundlegender Bedeutung ist, auch weiterhin besteht, so hat sich doch die Art und Weise, wie sie diese Aufgabe ausüben massiv geändert.

Die Entwicklung der Gewerkschaften ist also mit dem Wesen der Gewerkschaftsform selbst verbunden und nicht mit einem angeblichen Verrat der Führung. Die These, dass alles auf den Verrat der Führung zurückzuführen sei, steht im völligen Widerspruch zu einer materialistischen und dialektischen Geschichtsauffassung. In der Tat hat, wie wir anfangs sagten, die Entwicklung der Rolle der Gewerkschaften das Leben der alten Gewerkschaften ausgemacht, und auch - im Gegensatz zum politischen Niedergang der Dritten Internationale und der mit ihr verbundenen kommunistischen Parteien - ist das antiproletarische Verhalten der Gewerkschaften in der vorrevolutionären und revolutionären Phase offen zum Ausdruck gekommen, wie die eindrucksvollen historischen Beispiele belegen, über die wir oben berichtet haben.

Der Prozess der Bürokratisierung war ein einfaches, aber bedeutendes formales Spiegelbild ihrer tatsächlichen Tätigkeit... Darüber hinaus ist dieses Ergebnis formal mit einem Merkmal der Gewerkschaftsform verknüpft: Der Logik der Delegierung und Repräsentation in Verbindung mit der Funktion der Vermittlung und Verhandlung, welche die Bedingungen für die Bürokratie schaffen.

Wir kommen nun zur Analyse des letzten Merkmals im Zusammenhang mit der Existenz der Gewerkschaften: Dem politischen Reformismus. Wie bereits erwähnt, waren die Gewerkschaften in der Vergangenheit und sind auch heute noch ein Ort, an welchem dem Reformismus Tür und Tor geöffnet ist. Dieser Aspekt hängt unabänderlich mit dem Wesen der Gewerkschaftsform zusammen. Als Vermittlungsinstanzen zwischen Kapital und Arbeit ist das Aktionsfeld einer Gewerkschaft genau das der kapitalistischen Produktion, so dass zur Zeit der Dritten Internationale niemand auf die Idee kam, dass die Gewerkschaften revolutionäre Organisationen seien. Diese Eigenschaft hat sie zu einem fruchtbaren Boden für den Reformismus gemacht.

Selbst im letzten Jahrhundert (in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs, in denen es durchaus Möglichkeiten zur Vermittlung gab) gelang es den Gewerkschaften, Reformen und Lohnerhöhungen durchzusetzen, aber nur dank des Kampfes der ArbeiterInnen. Auch in dieser Phase bestätigten die Gewerkschaften ihre Identität als „institutionelle Gewerkschaften", die im besten Fall den Kampf der ArbeiterInnen kontrollieren, um zu verhindern, dass er über den Rahmen des Kapitalismus hinausgeht. Die Gewerkschaft hat die Funktion den Kampf innerhalb der institutionellen Strukturen zu kanalisieren und die ökonomischen Forderungen auf die Erfordernisse der Rentabilität der Bourgeoisie ihres „eigenen" Landes zu beschränken, die in einem internationalen Wettbewerb steht.

Die Gewerkschaften in Italien

Im Laufe der Jahre hat sich die Rolle der Gewerkschaften (in Italien trifft dies insbesondere für die CGIL, die CSIL und die UIL und UGL6 zu) im kapitalistischen System weitgehend bestätigt: Sie sind institutionelle Organe des bürgerlichen Staates, Schlüsselinstrumente für die Unternehmer bei der Steuerung des Preises der Arbeitskraft (Höhe der Löhne und Gehälter, entsprechend den Wettbewerbsanforderungen der „eigenen Nation"). Und nicht nur das; diese Gewerkschaften sind eine reine Sackgasse für die ArbeiterInnen, besonders in den letzten Jahrzehnten, denn einerseits unterzeichnen sie immer schlechtere Vereinbarungen und Verträge aller Art (die die Kompatibilität mit dem Wirtschaftssystem berücksichtigen) und andererseits verleiten sie die ArbeiterInnen zu Scheinkämpfen, zu Streiks, die Monate im Voraus angekündigt werden und sich auf fragmentierte Kategorien beschränken, Kämpfe, die niemals der Unternehmerklasse schaden, und sie versuchen es auch gar nicht erst. Es sind Scheinkämpfe um der Wut der ArbeiterInnen Luft zu machen. Noch irreführender ist die Haltung der vermeintlich radikalsten Fraktion der Gewerkschaften, der FIOM-CGIL in Italien. Die FIOM hat in den letzten Jahren Vereinbarungen und Verträge aller Art unterzeichnet: Sie hält also „große Reden", aber in Wirklichkeit hat sie nie zu einem echten Kampf aufgerufen, sondern greift oft erst ein, nachdem die Kämpfe bereits begonnen haben, um die Wut der ArbeiterInnen zu bremsen und den Kampf in institutionelle Bahnen zu lenken.

Es ist offensichtlich, die Gewerkschaftsverbände sind gemeinsam mit den politischen Parteien und den Unternehmern für die Verwaltung des Systems der Ausbeutung verantwortlich. Wie wir bereits gesagt haben, sind die Grenzen der Gewerkschaftsform jedoch nicht an den Faktor der Führung gebunden, es ist nicht allein diese oder jene Gewerkschaft, die überwunden werden muss, sondern die Logik der Gewerkschaftsform als solche. Die vielen Basisgewerkschaften (Cobas, SiCobas, CUB, USB, etc... etc...) kritisieren zwar die Zusammenarbeit mit den großen Gewerkschaften, wiederholen aber unweigerlich die gewerkschaftliche Logik: Delegationsprinzip und Vertretung, sind Vermittlungsorgane zwischen Arbeitern und Bossen, Verhandlungs- und Verkaufsorgane für die Ware Arbeitskraft. Sie sind Organe des Reformismus.

Trotz der sich verschlechternden Bedingungen für die ArbeiterInnen und des Verhaltens der offen kollaborierenden Gewerkschaftsverbände hat es die „_Basis"-_Gewerkschaft nie wirklich geschafft, sich durchzusetzen, was im Wesentlichen ihr bisheriges Scheitern verdeutlicht. Im Grunde genommen bieten die Basisgewerkschaften den Lohnabhängigen einfach eine „echte Gewerkschaft" an. Das Problem ist, dass eine „echte Gewerkschaft" unweigerlich stets im formalen Radikalismus endet. Im Grunde genommen bieten sie den ArbeiterInnen eine Gewerkschaft und damit alle schon bisher beschriebenen Beschränkungen. Da sie sich auf dem Terrain der Gewerkschaften positionieren, werden sie von den bestehenden Gewerkschaftsverbänden, die in den Augen der Kapitalisten als stärker angesehen werden, weitgehend umgangen.

Der Mechanismus der Delegation führt auch dazu, dass die _„Basis"-_Gewerkschaften im Kampf um die Vertretung der ArbeiterInnen ins Hintertreffen geraten, doch der Klassenkampf kann von keiner Gewerkschaft vertreten werden. Das ist das Hauptproblem, vor allem wenn der Klassenkampf, wie wir hoffen, dazu tendiert, sich zu verallgemeinern. Darüber hinaus ist zu sagen, dass selbst innerhalb der „Basis"-Gewerkschaften ein echter bürokratischer Sektor entstanden ist, der faktisch die Organisation verwaltet und leitet.

Das Vorhandensein so vieler Gewerkschaftsakronyme hat nichts anderes bewirkt als eine weitere Atomisierung der ArbeiterInnen, die angesichts der vielen kleinen und nutzlosen Streiks oft gespalten sind. Dieselben Basisgewerkschaften schlagen wie die Gewerkschaftsverbände nach wie vor Streiks als einfache formale Handlungen vor, als wären es routinierte Initiativen ... Ein Alibistreik, den die Gewerkschaft vielleicht braucht, um ihre Struktur funktionsfähig und aufrecht zu erhalten, der aber den ArbeiterInnen nicht dient, weil die „Basis"-Gewerkschaften nie wirklich kämpferische Initiativen organisieren, sondern auch, weil sie sich an die Antistreik-Gesetzgebung halten, um weiterhin die Rolle zu spielen, der sie sich selbst verschrieben haben.

Die Tausenden von angeblichen Versuchen, „echte Gewerkschaften" oder „Klassengewerkschaften" zu entwickeln, und die Ergebnisse, die sie hervorgebracht haben, sind ein weiterer Beweis für das, was wir bereits dargelegt haben. Es zeigt nur die Begrenztheit der Gewerkschaften in jeder Form.(7)

Die Organisation von autonomen Kämpfen

Die Gewerkschaft wird nicht die Organisationsform sein, mit der ein offener Bruch mit dem „sozialen Frieden" ausgedrückt werden kann, nicht einmal auf dem bloßen Terrain der Forderungen8. Das bedeutet natürlich nicht, dass es keine Forderungskämpfe mehr geben wird oder dass kommunistische Intervention im Klassenkampf sinnlos wäre, es bedeutet nur, dass dieser Kampf durch andere Organisationsformen zum Ausdruck kommen wird. Welche? Die Antwort wird uns - wieder einmal - von der Geschichte gegeben, von den ArbeiterInnen selbst. In den letzten Jahrzehnten - aber nicht nur da - wurden die wichtigsten Kämpfe direkt von den ArbeiterInnen und nicht von den Gewerkschaften geführt. Die Gewerkschaft greift dann mit dem Effekt (und dem Ziel!) ein, die Situation zu beruhigen. Es gibt mannigfache Beispiele für autonome Kampforganisationen und Streikkomitees. Den französische Mai '68; in Italien fanden im Herbst 1969 Versammlungen statt, bei denen die Gewerkschaften oft umgangen wurden; die Versammlungen in Polen im August 1980, die in der Lage waren, Massenstreiks ohne Gewerkschaften zu organisieren ( die Solidarnosc schläferte den Kampf ein und öffnete einen Raum für staatliche Interventionen, bevor sie sich in einen Organismus verwandelte, der in jeglicher Hinsicht eindeutig bürgerlich war),die Streiks der Hafenarbeiter in Dänemark und Belgien, die Versammlungen und Kampfkomitees während des Aufstandes in Argentinien (Piquiteros-Komitees); der Protest gegen das CPE-Gesetz in Frankreich 2006, ebenso wie die jüngsten Proteste gegen die französische Rentenreform, die nicht von den Gewerkschaften, sondern von den Versammlungen und Streikkomitees getragen wurden. Nur einige weitere Beispiele darüber hinaus: Die „wilden Streiks" der TransportarbeiterInnen in Italien (2003-2004), der Kampf der ArbeiterInnen bei Fiat Melfi (2004: auch in diesem Fall schaltete sich die FIOM ein und erfüllte ihre übliche Aufgabe als Moderator des Kampfes) die täglichen Streikposten in Pomigliano (2008) als die ArbeiterInnen tägliche Versammlungen außerhalb der Fabrik abhielten, die Kämpfe in China in den letzten Jahren, usw. usw. Die Situationen mögen unterschiedlich sein, aber alle zeichnen sich durch einen Prozess der Selbstorganisation des Kampfes aus, außerhalb wenn nicht sogar offen gegen die Strukturen der Gewerkschaften. Es sind also Organisationsformen entstanden, die die Gewerkschaftsform ablösen müssen.

Diese graswurzelförmigen Organe, die Ausdruck der ArbeiterInnen sind, können rudimentäre oder stärker strukturierte Formen annehmen, aber als Organe des Kampfes endet ihre Funktion mit dem Ende des spezifischen Kampfes, und vielleicht werden sie später als Teil einer nachfolgenden Konfliktperiode wiederbelebt.

Dies ist nicht der Fall in historischen, möglicherweise vorrevolutionären Situationen, in denen die Aktivität der ArbeiterInnen und die Organisationen der Klasse dazu neigen, eine weitgehend verallgemeinerte und dauerhafte Präsenz anzunehmen. In solchen Zeiten erhalten diese selbstgeschaffenen Organisationsformen eine andere Bedeutung und können die Grundlage für Werkzeuge des revolutionären Kampfes und der proletarischen Macht bilden. Dies wird nur durch die politische Aktion einer starken Klassenpartei möglich sein. „ Die Reifung der revolutionären Situation wird durch die antikapitalistische und revolutionäre Orientierung der Organe des Kampfes gekennzeichnet sein. Diese nehmen dann die charakteristischen Eigenschaften der Arbeiterräte an, die dann fähig sind, sich aus Organen des antikapitalistischen Kampfes in Organe der proletarischen Macht zu verwandeln*.* Die antikapitalistische und revolutionäre Orientierung setzt sich nicht spontan durch. Sie benötigt die aktive und organisierte Intervention der revolutionären Militanten.“(9)

In dieser Hinsicht können wir das Beispiel der Revolution von 1917 in Russland nicht außer acht lassen: Der Räte (Sowjets) der ArbeiterInnen und Soldaten; die anfangs unter dem Einfluss des sozialdemokratischen Reformismus standen, der diese Organe darauf reduzierte für Forderungen einzutreten und damit als Mittel zur Instrumentalisierung ansah, um nur die eigenen reformistischen Perspektive durchzusetzen. Die Sowjets wandelten sich dank der Intervention der Bolschewiki in Organe des revolutionären Kampfes - der bürgerliche Staat wurde zerschlagen, die Räte zum Träger der Diktatur des Proletariats.(10)

Kernpunkte der kommunistischen Intervention

  1. Um unter den gegenwärtigen schwachen und unsicheren Bedingungen des Arbeiterkampfes revolutionäre Forderungen, so bescheiden sie auch sein mögen, voranzutreiben und zu fundieren, bedarf es eines Engagements aktiver politischer Militanz. Diese beschränkt sich nicht auf das Theoretisieren an einer Schreibmaschine, eine individuelle Tätigkeit also, die in ihrer Zielsetzung und in ihren Ergebnissen immer fraglich ist.“ (O. Damen)

Wir wiederholen diese „alten" Zeilen, um noch einmal zu betonen, dass es unserer Meinung nach für eine Organisation, die sich als kommunistisch begreift, keinen Sinn macht, die Aktion unter den ArbeiterInnen als eine Aktivität zu betrachten, die nur in bestimmten historischen Perioden oder unter zukünftigen Umständen mit größerer zahlenmäßiger Stärke durchgeführt werden könnte. Die Intervention von KommunistInnen unter den ArbeiterInnen muss immer ein integraler Bestandteil jeder Tätigkeit der RevolutionärInnen sein. Das steht für uns fest. Auch deshalb, weil für KommunistInnen die Intervention in die Klasse bedeutet, in die Realität einzutauchen und so Erfahrungen zu sammeln. Ein weiterer grundsätzlicher Punkt: „Die Unterwerfung unter die Spontaneität erzeugt eine Art Angst davor, sich auch nur einen Schritt von dem zu entfernen, was `den Massen zugänglich´ ist, sich zu weit über die bloße Befriedigung der unmittelbaren Bedürfnisse zu erheben. Machen Sie sich diese Angst nicht, meine Herren! Denken Sie daran, dass wir uns in Bezug auf die Organisation auf einem so niedrigen Niveau befinden, dass es absurd ist, zu glauben, wir könnten zu weit gehen."(12)

Die Kommunistinnen dürfen sich in ihrer Intervention niemals dieser Spontaneität unterwerfen, und/oder den vorherrschenden ideologischen Bewusstseinsebenen anpassen. Die KommunistInnen müssen immer als solche handeln, egal in welcher Situation, sie müssen eine aktive Rolle im Klassenkampf spielen, aber als politischer Referenzpunkt stets als KommunistInnen handeln. Jede Gelegenheit zur Intervention ist zu nutzten, um - ausgehend vom Konkreten - die ArbeiterInnen zu einer Weiterentwicklung des Bewusstsein anzuregen, indem versucht wird, die Fähigkeit zur Kapitalismuskritik zu steigern und die Notwendigkeit des Umsturzes des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems aufzuzeigen. Ein Kampf kann gewonnen oder verloren werden (es ist klar, dass man für das erstere Ergebnis kämpfen muss...), die KommunistInnen müssen darauf hinarbeiten, dass in jedem Fall unter den ArbeiterInnen etwas an politischer und organisatorischer Weiterentwicklung verbleibt, insbesondere unter den bewussteren Individuen.

  1. Ausgehend von diesen beiden feststehenden Punkten variieren die Methoden, die Ziele und der Zweck der Intervention natürlich je nach historischem Stadium und zahlenmäßiger Verfügbarkeit. Der Bezugspunkt muss immer der Klassenkampf und die Organe sein, durch die sich der Kampf ausdrückt. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir in den Klassenorganen intervenieren und versuchen, die bewussteren ArbeiterInnen für das revolutionäre Programm und unsere Politik zu gewinnen. In einer revolutionären historischen Phase engagieren sich KommunistInnen in den Räten, um die politische Führung zu gewinnen und die Klasse zu befähigen per Selbstermächtigung die Gesellschaft vollständig umzugestalten.
  2. Wie bereits betont, ist die Gewerkschaft kein Instrument, das die KommunistInnen erobern können wie ein „Fließband". Kritik am Instrument der Gewerkschaft bedeutet für uns, wie wir es wiederholt betont haben, nicht, dass wir das gewerkschaftliche Terrain vernachlässigen, d.h. die von der Gewerkschaft initiierten Veranstaltungen, bei denen die einfachen Arbeiterinnen anwesend sind, Kundgebungen, öffentliche Veranstaltungen, sowie die Teilnahme an von der Gewerkschaft initiierten Streiks. Natürlich mischen wir uns in diesen Bereichen immer mit unserer Positionen gegen die gewerkschaftliche Linie ein.
  3. Die KommunistInnen werden sich bemühen, internationalistische Gruppen zu bilden, sowohl in den Betrieben (am Arbeitsplatz im Allgemeinen) als auch auf territorialer Ebene.(13) Diese sind - im Gegensatz zu den Kampforganisationen, die die Klasse selbst hervorbringt - Instrumente der kommunistischen Partei in der Klasse und müssen dies bleiben. Politische Gruppen setzen sich aus AktivistInnen und Sympathisantinnen der Partei an einem geografischen Ort / einem Arbeitsbereich zusammen. Ausgehend von den Besonderheiten der Arbeitssituation werden wir dann zur kommunistischen Agitation und Propaganda übergehen.
  4. Ein/e Kommunist/in muss die "gewerkschaftsfeindliche Linie zugunsten der Selbstorganisation des Proletariats"(14)vertreten. Ungeachtet der Tatsache, dass die Klasse ohne die Anwesenheit von Revolutionären ihre eigenen Organe schaffen kann, um für ihre Forderungen zu kämpfen, müssen KommunistInnen Propaganda machen, Vorschläge unterbreiten, eine aktive Rolle in den Organen des selbstorganisierten Kampfes spielen: Den ArbeiterInnenversammlungen, Streikkomitees etc. . Dabei müssen sie immer versuchen, als kommunistischer politischer Bezugspunkt zu agieren.

Zum Weiterlesen:

Die heutigen Gewerkschaften und die kommunistische Aktion: leftcom.org

Thesen über die Rolle der KommunistInnen in den ökonomischen Kämpfen der ArbeiterInnenklasse: leftcom.org

Perspektiven kommunistischer Betriebsarbeit: leftcom.org

(1) Wladimir Iljitsch Lenin, Die dringensten Aufgaben unserer Bewegung [Iskra Nr.1, Dez. 1900] aus: Lenin, Collected Works, Progress Publishers 1964, Moskau, Vol. 4, S.366ff, In: Lenin Internet Archiv, 2003

(2) Wir weisen darauf hin, dass die Kritik an der gewerkschaftlichen Form und Taktik des "Transmissionsriemens" keine innovative theoretische Analyse war, die in den letzten Jahren entstanden ist. Die Debatte über die Gewerkschaften hatte bereits die theoretische wie praktische Arbeit der italienischen kommunistischen Linken belebt, die in kleinen Fraktionen im Ausland organisiert war und kritische Überlegungen zur Gewerkschaftsform - als "Transmissionsriemen" war bereits weit fortgeschritten - wenn auch auf einem "niedrigen" Niveau. Viele Genossen der italienischen kommunistischen Linken (und einige der verschiedenen nicht-italienischen kommunistischen Linken) teilten sie. Die P.C. Internazionalista hat dabei sicherlich eine wichtige Rolle bei der Klärung dieser Frage gespielt.

(3) CGDL, heißt: Confederazione Generale del Lavoro. Der Allgemeine Gewerkschaftsbund entstand im Oktober 1906 in Mailand auf Initiative von Arbeitskammern, Widerstandsligen, Gewerkschaftsverbänden sowie örtlichen Gewerkschaften und hat heute ca. 250 Tausend Mitglieder; von vornherein waren die meisten Führer Mitglieder der Italienischen Sozialistischen Partei wie bspw. Rinaldo Rigola, der sich spätestens ab 1926 mit der Ausrichtung der CGIL als Koporationsgewerkschaft mit den italienischen Faschisten arrangierte.

(4) The General Confederation in Acts, in: Dokumente des Kongresses 1906-1926.

(5) Unter der Aufstiegsphase verstehen wir die Phase der kapitalistischen Geschichte, in der sich das kapitalistische System als international vorherrschendes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem durchgesetzt hat, eine Phase, die wir mit Beginn des 20. Jahrhunderts als abgeschlossen betrachten.

(6) CGIL, Confederazione Generale Italiana del Lavoro. Allgemeiner Italienischer Gewerkschaftsbund, 1944 in Rom gegründete sozialistische Gewerkschaft, die einen Flügel hatte der KPnah war und einen welcher maßgeblich der Italienischen Sozialistischen Partei angehörte. Durch die Annäherung der CGIL an die Kommunistische Partei Italiens trennten sich 1948 die Christdemokraten und gründeten mit der CISL einen eigenen Gewerkschaftsbund. 1950 trennten sich auch die Sozialdemokraten und Laizisten und gründeten die UIL. Die CGIL stand bis zu deren Auflösung oder Umbenennung 1991/1992 der Kommunistischen Partei und der Sozialistischen Partei nahe und seither dem heutigen linken Parteienspektrum.Die CGIL ist Mitglied des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) und des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). In der Mitgliederliste des IGB wird die Mitgliedschaft mit 5.616.210 angegeben (Stand: November 2017).

CISL, Confederazione Italiana Sindicati Lavoratori. 1944 als Einheitsgewerkschaft von Kommunisten, Sozialisten und Christdemokraten gegründet Sie entstandt 1948 als Reaktion auf die Annäherung der CGIL an die KP. Ihre Mitglieder sind in vielen Bereichen der Wirtschaft beschäftigt, der Schwerpunkt liegt im öffentlichen Sektor. Die Christdemokraten trennten sich von der CGIL und gründeten mit der CISL einen eigenen Gewerkschaftsbund mit einer klaren christlichen Ausrichtung, die der katholischen Soziallehre entspricht; erklärterweise sei sie jedoch konfessionell und politisch unabhängig. Sie zählt mit 4,5 Millionen Mitgliedern zu den drei größten Gewerkschaftsbündnissen. Die CISL ist Mitglied des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) und des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB).

UIL, Unione Italiana del Lavoro, Die italienische Arbeitsunion ist eines der größten Gewerkschaftsbündnisse Italiens und nicht zu verwechseln mit der von 1918 bis 1925 existierenden UIL. In den 50er Jahren stand sie der KP nahe; ein katholischer Flügel und ein dem Wesen nach sozialdemokratischer Flügel bildeten die Mehrheit. Beide spalteten sich ab und gründeten 1948 die CISL mit. Die Unione Italiana del Lavoro (UIL) ist eines der größten Gewerkschaftsbündnisse Italiens. Der Gewerkschaftsbund ist nicht mit der gleichnamigen Gewerkschaft zu verwechseln, welche von 1918 bis 1925 bestand. Die UIL, Unione Italiana del Lavoro ist ganz maßgeblich sozialdemokratisch ausgerichtet und entstandt aus der im März 1950 gegründeten Federzione Italiana del Lavoro und ist Mitglied des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) und des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). In der Mitgliederliste des IGB wird die Mitgliederanzahl mit ca. 2.2 Millionen angegeben (Stand: November 2017). In den letzten Jahren waren die CISL und die UIL weitestgehend vereint im Arbeitskampf, wohingegen sich zu der CGIL eine latente Kontroverse entwickelte.

UGL, Die Unione Generale del Lavoro (UGL) ist ein italienischer Gewerkschaftsbund. 1950 wurde die UGL als CISNAL (Confederazione Italiana Sindacati Nazionali dei Lavoratori) gegründet und trägt seit 1996 den jetzigen Namen. Die UGL ist der viertgrößte der staatsweiten italienischen Gewerkschaftsbünde, ist nationalistisch ausgerichtet und zählt etwa 1,8 Millionen Mitglieder (Stand 2018), darunter neben Arbeitnehmern auch viele Rentner und Erwerbslose. Die UGL ist im Consiglio nazionale dell’economia e del lavoro (CNEL) und im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) vertreten. Die CISNAL stand ab ihrer Gründung 1950 der neofaschistischen Partei Movimento Sociale Italiano (MSI) nahe und wollte eine Alternative zu den linken (CGIL, UIL) und christlichen Gewerkschaftsbünden (CISL) anbieten. Sie strebte eine angebliche "Vergesellschaftung" an und war korporatistisch. Wie bereits in der faschistischen Bewegung der 1930er-Jahre gab es eine interne Debatte zwischen einem sogenannten revolutionären, antikapitalistischem Flügel und einer moderateren, korporatistischen Strömung. Letztere setzte sich im Verlauf der 1960er-Jahre durch. Der langjährige CISNAL-Generalsekretär Giovanni Roberti (1964–1977) war zugleich Abgeordneter der MSI im italienischen Parlament, trat aber 1976 aus der Partei aus, wodurch auch die enge Verbindung zwischen der Gewerkschaft und der MSI schwand. Nach einigen unruhigen Jahren näherten sich die Organisationen aber wieder an und die CISNAL war wieder unter faktischer Kontrolle der neofaschistischen Partei. In den 1970er-Jahren hatte die CISNAL rund 300.000 Mitglieder. Von den drei großen Gewerkschaftsverbänden war sie aufgrund ihrer ideologischen Ausrichtung vollständig isoliert; jedoch unterhielt sie enge Verbindungen zu unabhängigen Branchen- und Einzelgewerkschaften. Ihre Mitglieder waren und sind vor allem Staatsbedienstete, Angestellte des Staatapparates sowie Büroangestellte.

(7) Zur Vertiefung der Analyse der Basisgewerkschaften in Italien empfehlen wir die Lektüre von: "Trade unionism and trade unions in Italy" (Prometeo, 2001) und "The grassroots unions in Italy" (Prometeo, 2008), die ebenfalls auf der Website verfügbar sind.

(8) Eine offensichtliche Klarstellung: Natürlich wollen wir mit unserer Kritik an der Gewerkschaft nicht den aufrichtigen Kampfeswillen vieler ArbeiterInnen in Frage stellen, die verschiedenen Gewerkschaften angehören. Vielmehr halten wir es aus diesem Grund für unerlässlich, alle Grenzen der bestehenden Gewerkschaften zu klären und die Illusionen eines alternativen Gewerkschaftswesens zu zerstreuen, die heute von den Basisgewerkschaften vertreten werden.

(9) aus "Die Gewerkschaft und die kommunistische Aktion", Prometeo, Nr.13, 1997.

(10) Während in einer historischen, vorrevolutionären Phase die Klassenorgane (Räte) zu Instrumenten des revolutionären Kampfes und der Macht werden können, und zwar nur durch die Aktion der KommunistInnen, kann man nicht hoffen, dass die Organe, mit denen sich die Klasse ausstattet, um in einer stagnierenden historischen Phase vom revolutionären Standpunkt aus für die Forderungen zu kämpfen, erhalten und in Machtorgane umgewandelt werden können: "Der Fehler besteht darin, die "Räte" zu betrachten, ohne sie als Machtorgane sowie als Organe in einem Stadium zu unterscheiden, in dem ein solches Problem weit vom Bewusstsein des Proletariats entfernt ist", um das Verständnis dieser Aspekte zu vertiefen, empfehlen wir "Wesen und Funktionen der Betriebsgruppen und die Rolle der Klassenpartei" zu lesen( O. Damen, Prometeo Nr. 7, 1965.)

(11) Battaglia Comunista Nr.11, 1958.

(12) aus: Lenin, Was tun.

(13) Die Forderung nach kommunistischen Betriebsgruppen wurde bereits zur Zeit des P.C. d'Italia erhoben.

(14) Aus den Statuten der P.C.Internazionalista, 1997.

Sunday, October 31, 2021