Griechenland: Stalinisten ermöglichen Nazis den Zutritt zu einer Streikveranstaltung

Bericht eines Genossen aus Athen

Die ArbeiterInnen von Elliniki Halivourgia (‘Griechische Stahlwerke’) sind seit 111 Tagen im Streik. Elliniki Halivourgia ist ein Stahlwerk in Aspropyrgos, einem Industriegebiet von Athen. Dem gleichen Unternehmen gehört noch eine anderes Werk in Volos. Das Management wollte eine Fünftage-Woche und eine Lohnkürzung von 40% durchdrücken. Am 30. Oktober 2011 lehnte eine Vollversammlung der ArbeiterInnen des Werks von Aspropyrgos diese Kürzungspläne einstimmig ab. Im Gegensatz dazu stimmte die Gewerkschaft im Werk von Volos den Plänen des Unternehmens zu. Unmittelbar danach kündigte das Management die Entlassung von 34 ArbeiterInnen in Aspropyrgos an. Als Antwort darauf beschlossen die ArbeiterInnen einen unbefristeten Streik und besetzten die Fabriktore. Sie fordern die Wiedereinstellung der gefeuerten KollegInnen und die Rücknahme des Kürzungsplans. Nach Monaten Streik beschloss das Unternehmen 16 weitere KollegInnen zu entlassen.

Der Streik wird von der Betriebsgewerkschaft kontrolliert. Allerdings werden die endgültigen Entscheidungen auf einer Vollversammlung der ArbeiterInnen gefällt. Am 6. Dezember 2011 fand ein Generalstreik im gesamten Industriegebiet statt. Für den 17. Januar hatte die Gewerkschaft GSEE (Allgemeine Föderation der Griechischen ArbeiterInnen) zu einem 24stündigen Streik in Atiki (Athen, Piraeus) aufgerufen.

Der Streik ist einer der wichtigsten der letzten Jahre. Dennoch ist er isoliert geblieben. Die Gewerkschaft hat die Pläne des Unternehmens längst geschluckt und fordert nun lediglich die gefeuerten KollegInnen in den Vorruhestand zu schicken. Die Arbeit“geber“ zeigen sich jedoch unnachgiebig.

PAME, die Gewerkschaftsformation der griechischen Kommunistischen Partei (KKE), hat sich ziemlich ins Zeug gelegt, um sich in diesen Streik eine kämpferisches Image zuzulegen (O-Ton: „Macht ganz Griechenland zu einem Elliniki Halivourgia) und ihn als Vehikel für ihre Gewerkschafts- und Wahltaktik zu nutzen. Am Freitag den 17 Februar besuchte eine Gruppe der berüchtigten faschistischen Partei ‘Xrisi Afgi’ (“Goldene Morgendämmerung”) das Werk. Sie spazierten ungehindert durch das Fabriktor, ergriffen das Mikrofon und verlasen in Gegenwart der Gewerkschaft eine Solidaritätserklärung. Danach hieß sie der Vorsitzende der Betriebsgewerkschaft willkommen und erklärte das “ganz Griechenland mit uns sei”.

Ein Video gibt es hier. Als erstes sieht man den Nazi eine Rede halten. Danach gib es den Willkommensgruß des Gewerkschaftsfunktionärs:

Der besagte Gewerkschaftsfunktionär, Giorgos Sifonios, ist Mitglied der PAME und kandidierte bei den Lokalwahlen 1998 für die KKE. Bisher hat sich die PAME dazu keine Erklärung abgegeben und nicht einmal in Ansatz den Versuch gemacht sich zu distanzieren. So ist anzunehmen, dass der Funktionär im Einklang mit der Parteilinie handelte. Andernfalls hätten sie ihn sofort ausgeschlossen.

Dadurch gewähren die Stalinisten der KKE Faschisten Zutritt in die ArbeiterInnenbewegung. Derzeit fällt es mir schwer eine Erklärung für ihr Verhalten zu finden. Ich vermute, dass dies auch mit der aktiven Intervention von AnarchistInnen in den Streik zu tun hat. Viele anarchistische Gruppen haben die Streikenden energisch unterstützt und ihre Solidarität in vielen Aktionen Ausdruck gegeben. Als VerfechterInnen der reinen Spontaneität mögen sie einen solchen Streik idealisieren. Vielleicht wird dieses Ereignis bei ihnen zu großer Ernüchterung und Entmutigung führen.

Xrisi Afgi’ (“Goldene Morgendämmerung”) ist eine sehr bekannte faschistische Gruppierung. Sie fingen als reine „Nationalsozialisten“ an und mischten später den Nazismus mit den Traditionen der griechischen extremen Rechten. Gleichwohl sind sie als Pro-Nazi-Gruppe berühmt und berüchtigt. Sie tragen die Verantwortung für viele Angriffe auf ImmigrantInnen. Es liegt auf der Hand, dass sie eine sog. „para state group“ sind und über gute Verbindungen zur Polizei und Armee verfügen. Sie konnten besonders in den ärmeren und in den ArbeiterInnenvierteln an Einfluss gewinnen und es wird damit gerechnet, dass sie bei den nächsten Wahlen ein gutes Ergebnis (ca. 3-4%) erzielen werden.

A. 21.2.2012

youtube.com