Es ist an der Zeit zu kämpfen

Gegen den „Klassenkrieg“ der Reichen

Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen“, erklärte der milliardenschwere Invest- mentmanager Warren E. Buffet im November 2006 gegenüber der New York Times. Das war zwei Jahre vor dem Ausbruch der sog. „Subprimekrise“, die die Finanzblasen zum Platzen brachte und mit ihnen so manche neoliberale Selbstgewissheit. Die Pleiten einiger Finanzinstitute (mit zuweilen drolligen Namen wie „Frannie Mae“ oder „Freddie Mac“) entpuppten sich als Auftakt eines grandiosen Schlamassels. Milli- ardenschwere „Rettungspakete“ und staatliche Haf- tungsgarantien mussten aufgefahren werden, um einen totalen Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern. Seitdem wurde die Krise von einschlägi- gen Experten immer wieder für beendet und über- wunden erklärt. Vorhersagen, die sich angesichts des Gangs der Ereignisse immer wieder blamierten. Die Probleme spitzten sich zu. Aus der „Sub- primekrise“ wurde eine „Bankenkrise“, aus der „Bankenkrise“ eine „Finanzkrise“, aus der „Finanzkrise“ eine “Staatsschuldenkri- se“, die die „Eurozone“ zu sprengen droht – mit unabsehbaren Folgen für die Weltwirt- schaft. Im Unterschied zu vorangegangenen Rezessionen ist die Krise weder regional noch konjunkturell begrenzt, sie hat das System bis in seine letzten Adern erfasst und sie bestimmt unser Leben. Sie macht den Berufswunsch zur Utopie, den Job zum Hamsterrad, das Wohnen zum Überlebenskampf, die Jobsuche zum Lotteriespiel, den Rentenanspruch zur Wette auf eine ungewisse Zukunft. Die Krise hat sich auf allen Ebenen potenziert und mit ihr der „Klassen- krieg“ gegen die Armen, von dem Warren E. Buffet sprach. Tagtäglich überreichen uns die Herrschenden eine weitere Quittung für ihre diversen „Rettungspak- te“. Ein Kürzungsprogramm jagt das nächste. Ihre Krisenlösung ist denkbar einfach und überall die glei- che: Kürzungen bei den Renten, im Sozial- und Bil- dungsbereich, mehr Arbeit, weniger Lohn, Verzicht für den Standort, den Gürtel enger schnallen für die Na- tion...

Krise? Welche Krise?

„Bankenkrise“, “Schuldenkrise“, Finanzkrise“, „Kredit- krise“, es gab und gibt viele Namen und Bezeichnun- gen für die Misere. Doch wir haben es nicht mit einer Ansammlung von Betriebsunfällen zu tun, sondern mit einer strukturellen Systemkrise, die seit Jahrzehn- ten schwelt. Als Anfang der 70er Jahre der Nach- kriegsboom an sein Ende kam, hatte sich ein bisher beispielloser Akkumulationszyklus erschöpft. Zur Kompensation der Profitrate setzte das Kapital auf Umstrukturierungen des Produktionsprozesses (z.B. durch Einsatz von Mikroelektronik) und eine massive Erhöhung der Ausbeutungsrate. Produktionsanlagen wurden in Billiglohnländer verlegt und die industriellen Kernsektoren der ArbeiterInnenklasse in den Metro- polen gründlich geschliffen. Durch die Ausweitung von flexibilisierten und prekären Beschäftigungsver- hältnissen versuchte sich Kapitalismus als „Dienstleis- tungsgesellschaft“ neu zu erfinden. Gleichzeitig wur- de der in den letzten Jahrzehnten durch Lohnarbeit geschaffene Reichtum in die Finanzsphäre verscho- ben, wo auf wundersame Weise Geld „arbeitet“, (oh- ne jedoch reale Werte zu schaffen) und die Spekula- tion ihre Blüten trieb. Dieser Versuch des Kapitalis- mus, der Krise durch die Schaffung fiktiver Profitquel- len zu begegnen, bescherte einigen Superreichen einträgliche Gewinne, führte jedoch langfristig zu wachsender Verschuldung, gewaltigen Spekulations- blasen und zunehmender Instabilität. Wir sehen heu- te, mit welchen Ergebnissen. In der Krise ist sich je- der selbst der nächste. Weltweit verschärfen sich die imperialistischen Rivalitäten und Konflikte. Der Kampf um Macht- und Einflusszonen wird här- ter, Rüstungswettläufe und kriegerische Konflikte nehmen immer drastischere Formen an. Sicherlich, - Krieg ist keine Lösung, allerdings die einzige, die der Kapitalismus zu bieten hat um aus sei- ner Verwertungskrise herauszukom- men.

Keine Angst vor niemand!

Prekarisierung, Arbeitslosigkeit, Armut, Hunger und Ausgrenzung werden zur täglichen Lebensrealität von immer mehr Menschen. Es ist die Angst, die unser tägliches Leben beherrscht. Angst um den Job, Angst aus dem Rahmen zu fallen, Angst den Anschluss zu verlieren, Angst, in den auf Konkurrenz basierenden Beziehun- gen dieser Gesellschaft nicht bestehen zu können. Anstelle des bürgerlichen Glücksversprechens vom „Ende der Geschichte“ in „Freiheit und Wohlstand“ ist eine verzweifelte Hoffnung getreten. Die „Hoffnung“ zumindest nicht der/die erste zu sein, den es er- wischt, die „Hoffnung“, dass die Krise irgendwie an einem vorübergeht, die „Hoffnung“ auf individuelle Lösungswege, auf einen Schlupfwinkel im bestehen- den Falschen. Diese „Hoffnung“ ist irrational und trü- gerisch, sie spaltet, isoliert, sie macht krank. Einige flüchten sich in Alkohol und Drogen und die vielfälti- gen Ersatzwelten des kapitalistischen Spektakels. Andere kompensieren ihre Ohnmacht durch Aggres- sion gegen Schwächere, gehen den rassistischen und nationalistischen Ideologien der Herrschenden auf den Leim und machen sich somit zum Büttel der bürgerlichen Ordnung. Reaktionäre Ideologien ge- winnen an Boden und mit ihnen entlädt sich der Se- xismus in alltäglicher Gewalt gegen Frauen, Schwule, Lesben und alle, die sich nicht an die herrschende Sexualmoral anpassen. Vielen erscheint die bürgerli- che Ordnung als unangreifbar. Die Bourgeoisie hat die Klaviatur der Spaltung, der Manipulation der Un- terdrückung und Ausgrenzung zur Perfektion ge- bracht. Zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft ist ihr jedes Mittel recht. Sie hat einiges zu verlieren. Wir hingegen müssen lernen unsere Angst zu überwin- den, lernen zusammenzukommen, lernen zu reden, lernen Nein zu sagen.

Für die Klassenautonomie!

Kapitalismus funktioniert nur so lange, wie wir funkti- onieren. Diese Verhältnisse sind von Menschen ge- macht und durch menschliches Handeln veränderbar. Jeder Kampf, jeder noch so beschränkte Streik zeigt zumindest in Ansätzen das Potential der ArbeiterIn- nenklasse diese Gesellschaft aus den Angeln zu he- ben. Das weiß die Bourgeoisie nur zu gut. Sie hat ein umfangreiches Repertoire an Methoden entwickelt, um Kämpfe zu isolieren, zu spalten, in Sackgassen zu lenken und zu domestizieren. Zur Verteidigung unse- rer unmittelbaren Lebensinteressen ist es unabding- bar, sich aus diesem Klammergriff zu befreien, Mittel und Wege zu finden Spaltungslinien zu überwinden und Solidarität und Widerständigkeit gerade da zu behaupten, wo dieses System Grenzen zieht. Dies erfordert den politischen Bruch mit den Gewerkschaf- ten und parlamentarischen Parteien, die allesamt in der Logik dieses Systems verhaftet sind. Der Traum eines sozial gezähmten Kapitalismus ist ausgeträumt. Alle politischen Kräfte, die vorgeben unsere Interes- sen durch Verhandlungen und Kompromisse mit den Herrschenden zu vertreten, entpuppten sich immer wieder als besonders perfide Verteidiger dieses Sys- tems. Wir müssen den Kampf von unten aufnehmen, selbstorganisiert und gegen jeden Kompromiss mit dem kapitalistischen System, außerhalb und gegen die Logik der Gewerkschaften, über Firmen- und Branchengrenzen hinweg und auf der Grundlage un- abhängiger basisdemokratischer Strukturen. Ob in der Fabrik oder im Büro, am Arbeitsplatz oder im Stadtteil, - es geht darum der Arroganz und Barbarei des Kapitalismus zu widerstehen und den Kampf für eine andere Gesellschaft aufzunehmen.

Freiheit die wir meinen!

Keines der globalen Menschheitsprobleme wie Hun- ger, Armut und Umweltzerstörung ist im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung zu lösen, ge- schweige denn zu lindern. Es geht nicht einfach nur um die „Kontrolle der Banken“, eine „stärkere Besteu- erung der Reichen“ oder die „Verstaatlichungen der Konzerne“. Ebenso wenig kann ein staatlich organi- sierter Kapitalismus die Alternative sein. Das sollten die Erfahrungen mit dem Stalinismus in der Sowjet- union und anderswo zur Genüge gezeigt haben. Oh- ne den Bruch mit der kapitalistischen Profitlogik, ohne Entmachtung der Herrschenden, ohne eine grundle- gend andere Produktionsweise wird keine neue Ge- sellschaft möglich sein, die der Ausbeutung des Men- schen ein Ende setzt. Die einzige Lösung ist eine Gesellschaft, in der für die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und nicht für den Profit produziert wird. Eine Gesellschaft, in der die Produktion in Einklang mit Mensch und Umwelt steht. Eine Gesellschaft, in der die Produktionsmittel sozialisiert sind und sich nicht mehr in den Händen privater oder staatlicher Kapitalisten befinden. Eine Gesellschaft, die auf so- zialer Gleichheit basiert. Eine Gesellschaft, in der die Menschen ohne Angst verschieden sein können. Eine solche „Assoziation der Freien und Gleichen“ ist keine Staatsveranstaltung! Sie ist kein Zustand oder Pro- gramm, welches sich von oben, - per Partei- oder Staatsdekret in die Praxis umsetzen ließe. Soziale Befreiung lässt sich nur von unten erkämpfen, durch Eigeninitiative, Selbstaktivität und Solidarität, in einer gesellschaftliche Bewegung zur bewussten Aufhe- bung von Herrschaftsverhältnissen. Der Kommunis- mus, den wir meinen, ist kein Erziehungsprogramm sondern in seinem Ziele und auf seinem Wege ein Kampf für die Verwirklichung der Freiheit. Er wird nicht von alleine Gestalt annehmen. Es liegt an uns!

It's time to organise!

Die traumatischen Erfahrungen mit dem Stalinismus und mit der Sozialdemokratie haben ihre Spuren hin- terlassen. Die Verbitterungen und Verwirrungen sind nach wie vor groß. Doch diejenigen, die sich gegen den Kapitalismus wehren wollen, müssen erste orga- nisatorische Schritte unternehmen, um ihre Vereinze- lung zu überwinden, Schwächen zu reflektieren, von- einander zu lernen. Das stalinistische Modell eines monolithischen Apparats von Befehlsempfängern lehnen wir genauso ab wie das reformistische Kon- zept einer staatstragenden parlamentsfixierten Partei. Wir sind KommunistInnen! Es liegt uns fern unsere Ansichten und Positionen zu verschweigen. Wir ha- ben kein „taktisches“, instrumentelles Verhältnis zu den Menschen. Wir lehnen jede Stellvertreterpolitik ab. Die IKT ist eine Organisation von Menschen, die sich entschlossen haben den Kapitalismus auf inter- nationaler Ebene zu bekämpfen. Kontroverse und kritische Debatten sind unser Lebenselement und gleichermaßen Grundvoraussetzung um unsere Ziele zu erreichen. Die Aufgabe der RevolutionärInnen besteht darin, das Gesamtinteresse der ArbeiterIn- nenklasse im Auge zu haben, ihre Kämpfe zu unter- stützen, Beschränkungen zu kritisieren und zu versu- chen das Bewusstsein der Lohnabhängigen in ihre eigene Kraft zu stärken. Dies erfordert einen organi- satorischen Rahmen, ein politisches Instrument für die Intervention: Eine internationalistische Organisati- on mit einer internationalen Struktur und Veranke- rung. Wir geben nicht vor „die Partei“ oder gar der einzige Kern einer solchen Organisation zu sein. Vielmehr suchen wir die Diskussion und Zusammenarbeit mit ernsthaften RevolutionärInnen weltweit, um den Aufbau einer neuen internationalen revolutionären Organisation voranzubringen. Wir sind uns bewusst, dass dies ein langwieriger und schwerer Prozess sein wird. Aber er ist notwendig, um dem „Klassenkrieg“ der Reichen die entsprechende Antwort zu geben. Es ist an der Zeit aufzuwachen! Es ist an der Zeit sich zu organisieren! Es ist an der Zeit zu kämpfen! Für die staaten- und klassenlose Gesellschaft!

Die InternationalistInnen (Internationalistische Kommunistische Tendenz)
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Friday, April 26, 2013