Die heutigen Gewerkschaften und die kommunistische Aktion

Thesen

In der gegenwärtigen Niedergangsphase der kapitalistischen Gesellschaft sind die Gewerkschaften dazu bestimmt, ein wesentliches Instrument der Politik der Bewahrung zu sein und spezifische Funktionen eines Staatsorgans zu übernehmen.

Gewerkschaftskonferenz des Partito Comunista Internazionalista = der Internationalistischen Kommunistischen Partei, 1947

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Die Unterwerfung der Gewerkschaften unter den kapitalistischen Staat und ihre Verschmelzung mit ihm sind eine vollendete und unumkehrbare Tatsache. Die Entwicklung der Gewerkschaften seit den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hat unsere Einschätzungen (siehe obiges Zitat) vollauf bestätigt.

Die Gewerkschaften sind ein integraler Bestandteil des Staatsapparats, ein unverzichtbares Instrument der Stützung der nationalen Wirtschaft und ein organischer Faktor der Bewahrung der kapitalistischen Produktionsweise (innerhalb von deren Gesetzen sie handeln) geworden. Als solche haben sie die letzten Spuren eines unpolitischen Vermittlungsorgans verloren, die Lenin in den ersten Jahren der Dritten Internationale (1919-24) glauben ließen, die Gewerkschaften könnten von der kommunistischen Partei benützt und in ein Instrument der Revolution verwandelt werden.

Die Gewerkschaften sind als Instrumente der Arbeiterklasse entstanden, sie handelten für die Arbeiter den Verkaufspreis und die Beschäftigungsbedingungen der Arbeitskraft aus. In dieser Funktion tendierten sie aber gleichzeitig dazu, das Verhältnis zwischen Lohnarbeit und Kapital zu konservieren - dadurch, dass sie es regulierten. Die Funktion der Verwaltung dieses Verhältnisses und der Stützung der ökonomischen Basis hat die Gewerkschaftsinstitution wie auch die in ihr beschäftigten Menschen vollkommen absorbiert.

In der historischen Phase des Aufstiegs des Kapitalismus existierten objektiv noch Bedingungen und Spielräume, die die spezifischen Aufgaben der Gewerkschaft (Forderungen zu stellen und Verträge abzuschließen) rechtfertigten. Diese Spielräume sind aber in der monopolistischen und imperialistischen Phase nach und nach enger geworden, bis sie in der heutigen allgemeinen wirtschaftlichen Krise verschwanden.

Die Möglichkeiten von Zugeständnissen, die den Lohnabhängigen etwas bringen würden, haben sich in der Tat endgültig erschöpft. Jede Reform ist heute gleichbedeutend mit einem bürgerlichen Angriff auf die Arbeiterklasse. Die Gewerkschaften können nichts anderes tun als eine Vermittlungsfunktion zugunsten der Überlebensnotwendigkeiten des Kapitals und ihrer passiven Hinnahme seitens der ArbeiterInnen auszuüben.

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Angesichts dieser realen historischen Entwicklung ist es purer Idealismus, im Namen einer vorgeblichen Kohärenz mit der Vergangenheit Konzepte und mechanistische Taktiken zu vertreten, die auf der Wiedergewinnung einer Organisationsform der Klasse (der gewerkschaftlichen. Anmerkung) beruhen, ohne ihre Rolle und Funktion kritisch zu betrachten.

Vom marxistischen Standpunkt ist es unhaltbar, die Degeneration der Gewerkschaften dem angeblichen Verrat der Gewerkschaftsbürokratie oder der politischen Kräfte, die in der Gewerkschaft das Sagen haben, zuzuschreiben. Es bliebe in der Tat zu erklären, warum solche Bürokratien und politischen Kräfte die Führung eines „Klassenorganismus“ übernehmen und behalten können, der für die kommunistische Propaganda undurchdringlich ist. Und es bliebe zu erklären, wie und warum die revolutionären Positionen an die Führung der Gewerkschaften gelangen können.

Die Abschaffung der Lohnarbeit, der Bruch des Kapitalverhältnisses (des Verhältnisses von Kapital und Arbeit) ist das Hauptziel der revolutionären Bewegung und des kommunistischen Programms. Für die Gewerkschaften gilt genau das Gegenteil: Ihr Terrain und Daseinsgrund ist gerade die Konservierung des Kapital-Arbeit-Verhältnisses.

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Weder kann die Gewerkschaft von der revolutionären Partei erobert werden noch in ein Instrument verwandelt werden, das geeignet wäre, das Proletariat zum revolutionären Aufstand zu führen. Diese Vorstellungen haben keiner historischen Probe standgehalten, nicht einmal in den besten Momenten (die Oktoberrevolution eingeschlossen).

Angesichts der totalen Herrschaft des Kapitals und der Manifestation seiner tiefen, unauflösbaren Widersprüche im internationalen Maßstab ist das zwangsläufig so. Die Gewerkschaften unterstützen klar die kapitalistische Ordnung. Jede mögliche ideologische Zweideutigkeit (über die Gewerkschaftstätigkeit als einer antikapitalistischen Angelegenheit) ist obsolet.

Unter den Schlägen der wirtschaftlichen Krise machen die Angriffe des Kapitals auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiterklasse nicht nur jede vorhergehende „Errungenschaft“ zunichte, sondern selbst das Aufstellen von Forderungen wird illusorisch, da diese in Verbindung mit der Praxis von Verhandlungen zur Verteidigung der „nationalen Wirtschaft“, der kapitalistischen Entwicklung bzw. der Ankurbelung des Märkte stehen.

In der sich ständig verschärfenden Krise des kapitalistischen Akkumulationszyklus machen die Gewerkschaften die ökonomischen Grenzen des Kapitals zu ihren eigenen, sie zwingen diese Grenzen der Arbeiterklasse auf. Damit sind sie zu einem Haupthindernis für den unmittelbaren Kampf der Arbeiter geworden.

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In der Folge der tiefgreifenden Umstrukturierung des Produktionsapparats und der Produktionsprozesse des Kapitals hat sich eine Tendenz zur Verkleinerung der großen industriellen Komplexe durchgesetzt, was wiederum Änderungen der Formen des Zusammenhangs der Arbeiter nach sich zog. Parallel dazu wurde die Arbeitskraft entwertet - durch Lohnsenkungen in den Metropolen, die mit den niedrigen Arbeitskosten in weiten Teilen des Weltmarkts erpresst wurden, wohin das Kapital die Produktion teilweise oder zur Gänze verlagerte.

Diese Phänomene bildeten die Hauptantriebskraft einer zunehmenden Prekärisierung und Individualisierung der Arbeitsverhältnisse.

Die neue internationale Arbeitsteilung, die tiefgreifenden industriellen Umstrukturierungen, der Übergang von einer einfachen Massenproduktion zu einer immer stärker differenzierten Produktion für einen extrem unbeständigen und unsicheren Markt haben die Produktionsstruktur grundlegend verändert, sowohl was die Größe als auch die Struktur und Organisation der Betriebe anbelangt.

Viele großen Industriekomplexe wurden stark redimensioniert, viele Industrien haben ihre Produktionseinheiten in Regionen mit niedrigeren Produktionskosten (billigere Arbeitskräfte und Rohstoffe) verlagert, diversifiziert oder die Planung, die Montage oder die Informatik teilweise oder zur Gänze an externe Firmen ausgelagert bzw. in Auftrag gegeben.

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Aber die Ausbreitung der Klein- und Mittelbetriebe bzw. die Dezentralisierung der Produktion bedeutete nicht eine Rückkehr zum kleinen Eigentum, sondern wird von einer immer ausgeprägteren Konzentration des Eigentums an Produktionsmitteln in wenigen Händen begleitet.

Die Gewerkschaften waren nicht imstande, sich diesen Entwicklungen entgegenzustellen. Ja, sie konnten es gar nicht, da diese Erscheinungen die einzige Existenzweise des Kapitals in seiner Akkumulationskrise darstellen. Ebenso wenig konnten sie etwas gegen die Folgen dieser Entwicklung - die Präkarisierung und Individualisierung der Arbeitsverhältnisse - tun.

Sie konnten diese Tendenzen lediglich interpretieren, in ihrer Rolle, sie in der Klasse zu administrieren.

Dieser formale Rollenwandel der Gewerkschaften schlägt sich auch in den zentralen Abkommen der Gewerkschaften mit den Arbeitgeberverbänden und der Regierung (Abkommen über die Arbeitskosten und „Pakt für die Arbeit“) nieder. (1)

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Der Wandel der Produktionslandschaft, ihre Aufsplitterung in kleine und mittlere Einheiten auf der einen Seite und die Tendenz zur Prekärisierung und Individualisierung der Arbeitsverhältnisse auf der anderen Seite haben die Voraussetzungen für die Gewerkschaftsarbeit stark verändert. Die Tendenz, die wir schon 1985 feststellten - nämlich, dass sich die Gewerkschaften fast ausschließlich der Festlegung der Lohnpolitik auf makroökonomischer Ebene widmen und den Rückzug aus den Betrieben antreten - hat sich in der Zwischenzeit noch verstärkt. Im Großteil der kleinen und mittleren Unternehmen sind die Gewerkschaften organisatorisch überhaupt nicht vorhanden, und im Gesamten haben sie das frühere Vertrauen der Arbeiter weitgehend verloren.

Was wir in unserer Erklärung von 1985 „Die Gewerkschaften im dritten Akkumulationszyklus“ geschrieben haben, gilt heute noch mehr: „Die Gewerkschaft ist praktisch ein öffentliches Amt geworden, das man hasst, auf das man aber nicht verzichten kann.“

Diese Entwicklung der Gewerkschaften zu einem staatlichen Amt, die sich unter anderem in den zentralen Verhandlungen über die oben erwähnten Abkommen zeigt, ist auch Ausdruck der Erstarrung der allgemeinen Arbeitsregelungen: Zumindest seit 1992 erhält jedes Abkommen, das ein Mindestmaß an allgemeiner Gültigkeit hat (z.B. die Abkommen über die Arbeitsflexibilität) systematisch Gesetzeskraft, wodurch die weiteren Verhandlung festgelegt werden. Die nationalen Verträge machen jede andere Vereinbarung über die durch sie geregelten Materien ungültig und haben somit de facto die Verhandlungen auf Betriebsebene ausgeschaltet. Die Grenzen, innerhalb derer die Arbeitsverhältnisse geregelt werden, sind dadurch relativ starr, wodurch es für die Arbeiter schwierig ist, Änderungen durchzusetzen - ganz zum Vorteil des Kapitals, das sich auf die individuellen Ausbeutung und eben die Macht der Gesetze stützen kann.

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Eine wirkliche Verteidigung der Interessen der Arbeiter kann es also nur außerhalb und gegen die gewerkschaftliche Linie und jede Art von vertragsmäßiger Vermittlung geben, bei der die Arbeiter immer auf der Verliererseite sind, ganz gleich, von wem die Gewerkschaften und die Verhandlungen geführt werden. Angesichts der Angriffe des Kapitals in der Krise stößt die Verteidigung der Arbeiterinteressen direkt mit den Erfordernissen zusammen, die das Kapital für sein eigenes Überleben benötigt. Verteidigung der Arbeiterinteressen bedeutet bereits, die kapitalistischen Ansprüche in Frage zu stellen.

In diesem Sinne unterscheiden sich Verteidigungs- und Angriffskämpfe nur im Hinblick auf den politischen Inhalt der Kämpfe.

Die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei gleichem Lohn entspringt der Verteidigung, wo sie den realen Kämpfen der Klasse und nicht der radikalreformistischen Fantasie von exstalinistischen Schichten entspringt. Dasselbe gilt für die Forderung nach einem garantierten Mindestlohn. Auch sie entspringt der realen Verteidigung der arbeitslosen und marginalisierten Massen. Beide Forderungen (die heute offenbar das politische Programm des radikalen Reformismus bilden) stellen für die proletarische Masse in der Tat eine Lebensnotwendigkeit dar, die von der Überlebens“notwendigkeit“ des Kapitals (also den Ansprüchen des Kapitals zur Sicherung der Profitraten. Hinzufügung des Übersetzers) brutal negiert wird. Als reale Forderungen aufgestellt, sind diese beiden Forderungen ein Ausdruck des Selbstverteidigungswillens des Proletariats und zugleich der Notwendigkeit der Abschaffung der kapitalistischen Produktionsweise. (Das heißt, die Forderungen sind defensiv und offensiv zugleich. Anmerkung des Übersetzers.) Wenn sich die Kämpfe von diesen Notwendigkeiten leiten lassen, sind sie potenziell siegreich, unabhängig davon, ob sie einen Verteidigungs- oder einen Angriffscharakter haben.

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Da der zur Verteidigung der Lebensbedingungen geführte wirtschaftliche Kampf der Arbeiter eine Notwendigkeit und darüber hinaus eine Voraussetzung für die Entwicklung des revolutionären Kampfes zur Befreiung von der Herrschaft des Kapitals ist, können die Aufgaben und Handlungen der kommunistischen Avantgarden wie folgt umrissen werden:

  • An den wirtschaftlichen Kämpfen der Klasse beteiligen sich die Kommunisten als Avantgarde der Klasse selbst.
  • Sie unterscheiden sich von der Klasse, indem sie das revolutionäre Programm bzw. die Überwindung der Lohnarbeit propagieren.
  • Im Ausmaß, in dem sie diese Aufgaben wahrnehmen und die Grenzen des reinen Forderungskampfes aufzeigen, geraten sie in einen offenen Gegensatz mit den Gewerkschaften.

Indem die revolutionäre Partei durch das Handeln ihrer Militanten in den Arbeiterkämpfen ihre Aufgaben wahrnimmt, können sich die wirtschaftlichen Kämpfe zum Machtzusammenstoß zwischen den Klassen weiterentwickeln.

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Das Vorhaben, alternative Organe des wirtschaftlichen Kampfes zu bilden, die „bewusst und permanent“ sind, ist zum Scheitern verurteilt. Es endet in einem Chaos von basisgewerkschaftlichen Bezeichnungen, meistens auf der Suche nach dem Aufbau einer neuen institutionalisierte Vertragsmacht in den Fußstapfen der offiziellen Gewerkschaften.

Als autonome und selbst organisierte Minigewerkschaften haben diese Initiativen ihren Gegensatz zu den etablierten Gewerkschaften schließlich auf Fragen der Organisationsform und -struktur reduziert. Sie beschränken sich darauf, die Gewerkschaft wegen ihrem „Korporatismus“ und „überbordenden Bürokratismus“ zu kritisieren.

Gerade weil sie selbst wieder Gewerkschaften sind, sind diese Initiativen mit dem Kapitalismus vereinbar. Im Falle einer Veränderung der sozialen Kräfteverhältnisse und der Zunahme der Arbeiterkämpfe versuchen sie folgerichtig, die Wut der Arbeiter auf alternative Verhandlungsinitiativen und neue gewerkschaftliche Orientierungen im Rahmen einer demokratischen Opposition zu lenken.

In diesem Sinn sind die Organisationskonzepte des radikalen Reformismus in der Arbeiterklasse genau dann gefährlich, wenn sich die Kämpfe wieder in eine Richtung zu entwickeln beginnen, wo sie von der revolutionären Agitation vorangetrieben werden können.

Die gesellschaftlichen Prozesse sind eben widersprüchlich, und das revolutionäre Programm des Kampfs gegen die bürgerliche Herrschaft und die kapitalistische Produktionsweise ist im Gegensatz zu den gewerkschaftlichen Aktivitäten unversöhnlich.

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Die denkwürdigsten - und gleichzeitig seltenen - Episoden des Arbeiterkampfs in den letzten Jahrzehnten zeigen: Die wirksamsten organisatorische Instrumente des Kampfes sind die von den Arbeitern selbst gebildeten Versammlungen der Agitations- und Streikkomitees und der Räte. Sie stellen in erster Linie immer einen Bruch mit den existierenden gewerkschaftlichen Strukturen dar.

Diese Basisorgane beenden ihre Aktivität unvermeidlich mit dem Ende des Kampfes. Es ist kein Zufall, dass sie bis jetzt gerade in der Schlussphase der Kämpfe, in der die Verhandlungen mit dem Kapital wieder in den Vordergrund rücken, von gewerkschaftlichen Organen abgelöst wurden. Aber gerade das Aufleben und der Niedergang liefert eine Erfahrung, auf die sich die Kommunisten in ihrer Propaganda stützen können. Man kann damit aufzeigen:

  • Durch Verhandlungen mit dem Kapital kann das grundlegende Verhältnis zwischen den Klassen niemals geändert werden.
  • Der unmittelbare Kampf muss in den Gesamtangriff gegen das Kapital übergehen.

Eine Klassenkontinuität und einen revolutionären Nutzen aus den einzelnen Kampferfahrungen erreicht man nicht dadurch, indem man im Zuge einer gewerkschaftlichen Praxis die wirtschaftlichen Kampforgane der Klasse in permanente Organisationen verwandelt, sondern indem man die Arbeiter, die sensibel für das revolutionäre Programm sind, erobert und für die organisierte revolutionäre Kampftruppe gewinnt. (Es geht also nicht darum, neue, alternative Gewerkschaften zu schaffen, sondern eine revolutionäre Organisation, die in der Klasse verankert ist. Anmerkung des Übersetzers.)

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Die Reifung der revolutionären Situation wird durch die antikapitalistische und revolutionäre Orientierung der Organe des Kampfes gekennzeichnet sein. Diese nehmen dann die charakteristischen Eigenschaften der Arbeiterräte an, die dann fähig sind, sich aus Organen des antikapitalistischen Kampfes in Organe der proletarischen Macht zu verwandeln.

Die antikapitalistische und revolutionäre Orientierung setzt sich nicht spontan durch. Sie benötigt die aktive und organisierte Intervention der revolutionären Militanten. Und genau deshalb kann die Aktivität der Kampforgane ein wichtiger Schritt nach vorn in der revolutionären Strategie sein: Insofern sie imstande sind, die Kräfte herauszubilden und an sich zu ziehen, die die Rolle übernehmen können, die Räte in der Phase des Angriffs zu orientieren und zu führen.

Die langen Jahrzehnte der Konterrevolution (seit der Niederlage der internationalen revolutionären Welle 1917-26. Anmerkung des Übersetzers) und die materiellen Zersetzung der Klasse im Zuge der jüngsten technologischen Revolution (siehe Punkt 4) haben selbst das elementarste Klassenbewusstsein ausgelöscht. Aus einer solchen Situation kann man wieder aufsteigen, indem man das ABC des Kommunismus wieder vorbringt und verbreitet und so eine subjektive (politische) Neubildung der Klasse forciert, deren Kennzeichen die Ablehnung jeder Vereinbarkeit mit der Logik des Kapitals ist.

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Damit die revolutionäre politische Organisation (die Partei) zum festen Bezugspunkt für die proletarischen und halbproletarischen Massen werden kann und also imstande ist, die politische und organisatorische Führung auszuüben, ist die Bildung eines Netzes von territorialen Organismen von grundlegender Bedeutung. Ein solches Organisationsnetz muss innerhalb und außerhalb der Fabriken existieren und in allen Ausformungen proletarischen Lebens (Arbeiter, Arbeitslose, Junge, Pensionisten) operieren können. Es ist ganz klar eine Klassenorganisation, die jedoch nicht direkt identisch mit der Partei ist.

Das von uns traditionell vertretene Konzept der kommunistischen Fabriksgruppen findet in diesem Konzept der Territorialgruppen seine Vervollständigung und Anpassung an die heutige Situation, d.h. an die neue Zusammensetzung der Klasse.

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Die Territorialorgane sind die operativen Arme der Partei in der Klasse (wir benützen diesen Ausdruck an Stelle des früheren und zweideutig gewordenen Begriffs „Transmissionsriemen“). Sie unterscheiden sich in Ursprung und Funktion von den Organen der Klasse, die von der Klasse selbst hervorgebracht werden. Sie sind die Instrumente der revolutionären politischen Führung zuerst der Kampforgane und dann der Machtorgane der Arbeiterklasse. (D.h. zunächst der Streikkomitees und Räte und später der revolutionären Räte. Anmerkung des Übersetzers.)

Die Betonung des Territorialprinzips, welches die Bildung von kommunistischen Gruppen, Komitees, Zirkeln unabhängig von der Zugehörigkeit zu diesem oder jenem Arbeitsplatz oder diesem oder jenem Wirtschaftszweig impliziert, reflektiert die veränderte Situation gegenüber der Vergangenheit, als die großen Arbeiterkonzentrationen das Bild prägten und von ihnen die bedeutendsten Kämpfe ausgingen.

Die Zersplitterung der Arbeiterklasse in kleine Produktionseinheiten und auf das ganze Territorium wird den Zusammenschluss der Klassenavantgarden auf territorialer Ebene begünstigen und erzwingen. Dies auch, weil die bedeutenden Kämpfe der Zukunft (außerhalb und gegen die gewerkschaftlichen Gefängnisse) von den territorialen Zusammenschlüssen der Klassenavantgarde ausgehen werden.

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Die kommunistischen Fabriks- und Territorialgruppen werden folgende Wesensmerkmale haben:

  • die Denunzierung aller pseudolinken Ausdrücke und Tendenzen der bürgerlichen Ideologie, die in der Arbeiterklasse immer vorhanden sind; ihnen werden die Positionen der revolutionären Partei gegenübergestellt;
  • die kritische Klärung all jener Kampfziele, die nur in der revolutionären Perspektive der Eroberung der Staatsmacht und der Überwindung des kapitalistischen Systems umgesetzt werden können;
  • der Aufruf zur Solidarität der Arbeiter und zur internationalen Vereinigung der Kämpfe;
  • die Einheit mit den immigrierten Proletariern gegen die den internationalen Arbeitsmarkt beherrschende Ausbeutung und Arbeitslosigkeit.

(1) Abkommen der italienischen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und der Regierung, wie es sie vergleichbar auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz gab (Anmerkung des Übersetzers).