Es gibt eine Alternative - Antikapitalismus!

Statement unserer britischen Schwesterorganisation CWO (Communist Workers`Organisation) zum landesweiten Streiktag

Am 30. Juni werden 800 000 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes streiken. Für die meisten wird es das erste Mal in ihrem Leben sein. Viele werden an Kundgebungen, Demonstrationen und Streikposten teilnehmen. Auf den Kundgebungen werden die Gewerkschaftsführer ihnen erzählen, dass es eine Alternative gäbe. Das stimmt! Aber es ist nicht das, was sie uns verkaufen wollen.

Die Krise

Das erste was wir verstehen müssen ist, dass wir uns nicht einfach nur in einer Finanzkrise befinden. Auch wenn die Finanzhaie sicherlich für die Spekulation und die faulen Kredite der letzten Jahre verantwortlich sind, hat die Krise tiefere Wurzeln. 1971 kam der Nachkriegsboom an ein Ende und das System stagnierte. Die ArbeiterInnen haben dafür die Zeche gezahlt. Die Reallöhne sind (selbst nach öffentlichen Zahlen) heute auf einem niedrigeren Niveau als 1973. Aber das war nicht ausreichend um die Kapitalakkumulation wieder in Schwung zu bringen. Die Verlagerung der Produktion an Orte wie bspw. China (wo die Löhne minimal sind) und die Finanz spekulation haben keinen “Ausweg” eröffnet. Zwar wurden durch stärkere Ausbeutung mehr Profite aus den Belegschaften gepresst, das konnte die Weltwirtschaft jedoch nicht wieder in Gang bringen. 2007/2008 erhielt die Finanzspekulation einen gehörigen Dämpfer als die schwindelerregende Verschuldung offenbar wurde. Um das System vor einem totalen Zusammenbruch zu bewahren, brachten die Regierungen überall auf der Welt Rettungsprogramm für die Finanzhaie auf den Weg. Sie hatten keine andere Wahl. Ein Zusammenbruch des Bankensystems hätte die Finanzströme der reichsten Länder schlagartig abgeschnitten. In Großbritannien hat die Regierung 850 Millionen Pfund auf den Weg gebracht, um “die Banken zu retten”. Und was tun dieselben Finanzinstitute heute? Sie bestehen darauf, dass die Staatsschulden (die zum Großteil durch die Bankenrettungsprogramme zustande kamen) reduziert werden, andernfalls würde die Kreditfähigkeit herabgestuft. Dies würde die Zinslast des Staates in die Höhe treiben. Ihre Lösung besteht in weiteren Kürzungen und Angriffen auf die ArbeiterInnenklasse, die schon genug ausbaden muss. Ein einziger Wahnsinn!…

Das ist Klassenkampf

Alle Statistiken zeigen, dass die ArbeiterInnenklasse am härtesten von den Kürzungen betroffen ist. Einige Kürzungen sind noch nicht durchgeboxt (und werden nächstes Jahr, 2016 und später greifen). Bereits jetzt gibt es in Großbritannien nur einen in vier Haushalten, der einen Vollzeitjob hat. Teilzeit-und befristete Beschäftigungsverhältnisse haben die Vollzeitstellen nahezu abgelöst. Das Einfrieren der Löhne sowie Kürzungen haben die Kaufkraft vermindert. Die Inflation liegt über der offiziellen Marke von 4 % und besonders die Teuerungen von Dingen des tägliche Bedarfs (Lebensmittel, Kraftstoff), die besonders Arbeiterfamilien betrifft, steigen an. Da ist es nicht überraschend, dass die Profite gestiegen sind. Die Financial Times berichtete 2010 von einer Umverteilung zugunsten des Kapitals. Die Vergütung von Führungskräften war noch niemals so hoch, die Nachfrage nach Luxusgütern steigt, und Bonuszahlungen für Bänker sind wieder auf demselben Niveau wie vor der Finanzkrise 2007/2008. Die Kapitalisten rechtfertigen ihren immensen Reichtum für gewöhnlich mit ihrer hohen Riskiobereitschaft. Dem haftete schon immer ein gewisser Mythos an, da die meisten Kapitalisten ihr ererbtes Vermögen mit einer Erfolgsstory rechtfertigten, die wiederum hunderte Pleiten kaschieren sollte. Angesichts der Lage des heutigen Kapitalismus ist es eine glatte Lüge. Es ist kein Kavaliersdelikt mehr, dass das Leben von Millionen (RentnerInnen, kleinen Häuslebauern, ArbeiterInnen etc.) ruiniert wird und der Staat dann für den Schaden aufkommt. Der aktuelle Wahnsinn zeigt nur die Irrationalität des modernen Kapitalismus. Es ist ein System im Niedergang, welches jedoch solange Armut und Elend hervorbringen wird, wie wir bereit sind es hinzunehmen. Das wissen auch die Kapitalisten, und das ist auch der Grund, warum sie in diesem Klassenkrieg bisher in der Offensive sind. Ihr erster Schritt war die Ankündigung von Kürzungen im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbereich. Kaum hatte die NUT, ATL und CPS bekanntgegeben, dass sich (bei relativ geringer Beteiligung) eine große Mehrheit in den Urabstimmungen für Streik ausgesprochen hatte, wurden die Bluthunde der bürgerlichen Presse von der Leine gelassen. Angeführt von den Boulevardblättern „Daily Mail“ und der „Sun“ stellten sie nicht nur die Gültigkeit der Urabstimmung infrage (…), sondern versuchten auch bewusst die ArbeiterInnen des öffentlichen und privaten Sektors zu spalten. Sie wollten uns weismachen, dass die Beschäftigen des öffentlichen Sektors privilegiert seien, dass sie noch einen festen Rentenanspruch hätten, während die “Schöpfer des Wohlstands” im privaten Sektor dieses nicht hätten. Sie sagten natürlich nicht, dass dem so ist, weil die Bosse des privaten Sektors die Beschäftigten seit Jahren abgezockt und die Rentenkassen geplündert haben, um ihre Unternehmen am Laufen zu halten und die Rentenmodelle somit auf der ganzen Linie außer Kraft gesetzt haben. Sie wollen, dass die ArbeiterInnen entweder vor dem Rentenanspruch krepieren, bzw. nicht lange etwas von ihrer Rente haben.

Dann trat Vince Cable (liberaldemokratischer Minister der Regierungskoalition) vor der Konferenz der GMB auf und drohte, dass eine konzertierte Streikaktion gegen die Kürzungspläne unweigerlich zu einer Verschärfung des Streikrechts führen würde (was noch liberal für ihn ist). Dies wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, wo selbst nach Regierungsangaben die Zahl der Streiktage noch nie so niedrig war. Das kann nicht einfach beiseitegeschoben werden. Der Widerstand hat noch nicht einmal begonnen. Dafür gibt es gegenwärtig mehrere Gründe. Der wichtigste ist der Faktor Angst. Jene, die noch Arbeit haben, befürchten diese zu verlieren, da die Chancen einen neuen Job zu finden minimal sind. Zweitens gibt es die wenn auch schwindende Hoffnung, dass das Schlimmste der Krise bald vorbei sei. Vielen ist noch nicht klar, dass weitere Kürzungen im nächsten Jahr und später anstehen. Das Leben mit den Kürzungen ist für viele alltägliche Realität. Aber die fortgesetzte Verelendung hat einiges in Bewegung gesetzt. Wenn sich die Erfahrungen mit den Auswirkungen des Kapitalismus weiter verbreitet haben, wird auch die die Frage des Widerstandes wieder neu auf der Tagesordnung stehen.

Widerstand

Ein Tag Streik und Massendemos alleine werden wenig bewirken. Gewerkschaftsführer wie Dave Prentis (Unison) zeigen sich enthusiastisch und geben offen zu, dass die Streiks und Massendemos eine Möglichkeit wären, um die Regierung wieder dazu zu bringen, über die Renten neu zu verhandeln. Aber was gibt es da zu verhandeln. Allenfalls Details - Rente mit 67 und noch später. Ein eintägiger Streik und ritualhafte Demos von A nach B, wo man den leeren Phrasen von albernen Figuren der Linken zuhören kann, werden jedenfalls nichts ändern. Ebenso spalten die Gewerkschaften uns eher als uns zu vereinigen. Warum streiken z.B. die ArbeiterInnen von Unison nicht mit den KollegInnen des staatlichen Sektors am 30. Juni? Den niedrig bezahlten ArbeiterInnen von Unison droht zwar kein höherer Rentenbeitrag, aber sie müssen bis 66 schuften um in Rente zu gehen. Wenn der TUC (britischer Gewerkschaftsdachverband) von einer “wirklichen Alternative” redet, meint er damit die Rückkehr von New Labour. Wie die letzten Jahre zur Genüge gezeigt haben, unterscheiden sich jedoch New Labour und die jetzige Koalition allenfalls in Details. Auch Labour hat die Finanzspekulation gewähren lassen und immer alles daran gesetzt “die Märkte” (d.h. die Finanzinstitute) zu beruhigen. Keine Fraktion der Kapitalisten wird auf unsere Interessen eingehen, da sie alle die Kürzungen im Namen der kapitalistischen Stabilität unterstützen. Deshalb muss der Kampf gegen die Kürzungen zu einem Kampf gegen das gesamte kapitalistische System werden.

Es gibt dabei keine kurzfristigen schnellen Lösungen. Unser Kampf wird sehr langwierig werden. Der 30. Juni darf nicht das Ende, sondern muss der Beginn des Widerstandes werden. In jedem Fall muss die ArbeiterInnenklasse verstehen, dass eine antikapitalistische Alternative notwendig ist. Wir können uns nur effektiv wehren, wenn wir den Kampf in die eigenen Hände nehmen. Das bedeutet mehr als nur ein Protesttag und eine vorsichtig geleitete Prozession, die von Ordnern und der Polizei beaufsichtigt wird. Es bedeutet sich über die künstlichen Branchen- und Gewerkschaftsgrenzen hinweg zu organisieren, die die Arbeiter abhalten sollen als Klasse zu handeln. Organisieren wir uns von unten! Organisieren wir uns ohne Rücksicht auf die bürgerlichen Gesetze und Regulierungen einzig auf der Basis der ArbeiterInnendemokratie in Komitees von gewählten und jederzeit abwählbaren Delegierten. Ab einem bestimmten Punkt bedeutet das, die Grundlagen des Kapitalismus infrage zu stellen: Das Lohnsystem, die Produktion für Profit, das Geld, die Finanzspekulation etc.. Es bedeutet das System durch eine rationale Organisation der Gesellschaft zu ersetzen, in der jeder und jede in die Entscheidungen über die unmittelbaren gesellschaftlichen Belange direkt einbezogen wird. Einige nennen das “Sozialismus” andere “libertärer Kommunismus”. Unabhängig davon wie man es auch nennen mag, hat dies nichts mit dem totalitären Monstrum in der ehemaligen UdSSR zu tun. Es geht um eine Gesellschaft, die auf der Produktion für menschliche Bedürfnisse basiert, ein soziales Zusammenleben ohne Klassenunterschiede, ohne Millionäre und Millionen Hungernde. Eine Gesellschaft, die nach dem Motto organisiert ist, “jedem nach seine Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“.

Das ist unsere Alternative und sie muss politisch erkämpft werden. Deswegen sind wir für eine kommunistische Weltpartei, die in der Lage ist unsere vereinzelten Kämpfe zu organisieren und die kapitalistischen Machtstrukturen überall herauszufordern. Eine solche Partei ist keine Regierungspartei im Wartestand, die lediglich eine Riege von Ausbeutern durch andere ersetzt, sondern eine kämpfende Organisation, die an der Spitze des Widerstands gegen das Kapital steht. Wir versuchen nach Möglichkeit mit gleichgesinnten ArbeiterInnenorganisationen zusammenzuarbeiten, um so weitere Teile der ArbeiterInnenklasse zu erreichen. Wenn Du mit dieser Perspektive übereinstimmst, hilf mit sie in die Praxis umzusetzen! Schließ dich uns an!

Communist Workers`Organisation