Gegen Nationalismus und Krieg!

Keine schönen Zeiten. Weltweit nehmen nationalistische Spannungen, Rüstungswettläufe, und militärische Konflikte immer drastischere Formen an, während die Stellschrauben der Ausbeutung angezogen werden. Diese Entwicklung ist mitnichten einfach nur das Werk egoistischer oder inkompetenter Politiker, sondern Ausdruck der Funktionsweise dieses Systems.

Wirtschaftliche Stagnation

Zum ersten Mal seit zehn Jahren revidiert der IWF seine Schätzungen für das globale Wirtschaftswachstum nicht nach unten. Für einige Schönredner des Kapitalismus ist das ein Indiz dafür, dass die Weltwirtschaft auf dem Wege der Erholung sei. Nüchterne Stimmen weisen hingegen auf die realen Umstände dieser „Erholung“ hin. Wieder einmal basiert alles auf Verschuldung. So fällt bspw. die wirtschaftliche Erholung der USA mit einer enormen Erhöhung der Kreditkartenschulden zusammen. Schulden halten die Räder dieses System am Laufen. Es wurde angenommen, dass diese Schulden durch die Inflation und das Wachstum sinken würden. Doch angesichts einer niedrigen Profitrate fielen die Investitionen mager aus. Die Austeritätspolitik hat die Lage nur noch zusätzlich verschlechtert. Nach Angaben der „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“ belief sich die weltweite Schuldenlast im Jahr 2008 auf 225% der jährlichen Wirtschaftsleistung. Heute sind es 330%! Laut dem globalen Schuldenmonitor des „International Institut of International Finance“ sind die weltweiten Schulden (private wie öffentliche) von 17 Billionen im Jahr 2006 auf heute unfassbare 233 Billionen gestiegen. Dies gleicht einer Fantasiewelt, in der die zukünftige Produktion bereits bis zur Unendlichkeit verpfändet ist. Der nächste Finanzcrash ist nicht nur unvermeidlich, sondern auch in nächster Zeit absehbar. Die ökonomische Krise des kapitalistischen Wirtschaftssystems hat ihre Wurzeln im Ende des Nachkriegsbooms in den frühen 70er Jahren. Die Arbeiterinnen und Arbeiter haben dafür die Zeche gezahlt. Seit 1979 ging der Anteil der Löhne am Bruttoinlandsprodukt (BIP) kontinuierlich zurück. Im Zuge der sog. „Globalisierung“ wurden verstärkt Arbeitsplätze in Niedriglohnländer verlagert. Heute befindet sich ein Großteil des weltweiten Reichtums in den Händen einiger weniger. In den USA ist die Kluft zwischen Arm und Reich mittlerweile wieder auf demselben Stand wie 1917. Politische Instabilität Dieser wirtschaftliche Niedergang übersetzt sich nun in wachsende politische Instabilität. Der neoliberale Konservativismus (der uns den Crash 2007/2008 bescherte) und der sozialdemokratische Keynesianismus (der seinen „Sozialstaat“ nicht mehr finanzieren kann) sind gleichermaßen gescheitert, die Probleme dieser Welt auch nur annährend zu lösen. Die alten etablierten Parteien haben an Glaubwürdigkeit verloren. Ihnen gleiten zunehmend die Zügel aus den Händen. Sei es nun das Scheitern ganzer Staaten (bspw. Syrien oder Süd Sudan), der Brexit, die Wahl Trumps, die politische Lähmung und der Aufstieg der extremen Rechten – wo wir auch hinschauen macht sich ein immer größer werdendes politisches Schlamassel bemerkbar. Dieses wird oft auf den sog. „Populismus“ zurückgeführt. Doch „Populismus“ gab es in der einen oder anderen Form schon immer. Solange die alten bürgerlichen Parteien des Mainstreams vorgeben konnten, dass es noch Aussichten auf Verbesserungen geben könne, beschränkte er sich auf die Grenzen des Systems. Heute befürchten Teile der kapitalistischen Eliten, dass der Aufstieg alternativer Kräfte das System sprengen könne, wenn diese zu sehr die Kontrolle gewinnen würden. Nach vier Jahrzehenten wirtschaftlicher Stagnation hat der Aufstieg populistischer Kräfte unterschiedliche Formen angenommen. Der Populismus der „Linken“ (Podemos, Syriza, Corbyns Labour Party, Sanders „Sozialismus“) lenkt die Wut der Arbeiterinnen und Arbeiter in die sichere Wahlurne, ohne ein Programm zu haben welches das System herausfordert. Er wird daher scheitern. Der Populismus der Rechten ist dagegen weit gefährlicher, da er auf einer Politik der Angst aufbaut. Ihre nationalistische Botschaft beschränkt sich nicht nur auf Parolen wie „America First“, die „Wiedererlangung der Kontrolle“ die „Schließung der Grenzen“ usw. Sie machen Juden, Muslime und Migranten im Allgemeinen zu Sündenböcken, für den sinkenden Lebensstandard. Dies hat zu einem Anstieg antisemitischer und islamophober Übergriffe geführt. Besonders im Fokus stehen Geflüchtete, die Opfer der Kriege die von den reichsten kapitalistischen Ländern in Afrika, Asien und im Nahen Osten angezettelt wurden. Die Verteidigung der Nationalökonomie gegen die „Anderen“, gegen „Außenseiter“ und „Fremde“ ist der Markenkern des entfesselten Nationalismus. Diese Fremdenfeindlichkeit nimmt überall auf der Welt gefährliche Formen an.

Vom Handelskrieg zum heißen Krieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die US-Ökonomie eine Triebkraft für die Erholung des globalen kapitalistischen Systems. Es kam zu einem Boom, der in der Geschichte des Kapitalismus beispiellos war. Doch dieser kam an ein Ende, als die USA 1971 nicht mehr Goldbindung an den Dollar aufrechterhalten konnten. Es setzte ein langer und langsamer Prozess ein, in dem die Vorherrschaft der USA über die Weltwirtschaft zurückging. Dieser Rückgang wurden zum Teil durch den Umstand verschleiert, dass der Rest der Welt durch die bedeutende Stellung des Dollar im internationalen Handel für den Schuldenberg der USA mitzahlte. Lange bevor China seine Finger in der Welt austreckte, hatten die USA aufgrund der Vormachtstellung des Dollars weitgehend freie Bahn. Dank ihrer international zirkulierenden Währung konnten sie wie kein anderes Land die Notenpresse anwerfen. Als ein armes, in Entwicklung begriffenes China vor einem Vierteljahrhundert dazu überging, eine industrielle Infrastruktur aufzubauen und seinen Handel mit der westlichen Welt zu verstärken, war dies nur durch US-Kapital möglich. Wenige hätten es damals für möglich gehalten, dass sich China zu einem industriellen Riesen in der Welt entwickeln würde. Was die Wirtschaftsleistung, den Handel und das Bruttoinlandsprodukt angeht, hat China die USA (gemessen an der Kaufkraftparität) bereits überholt. Die USA mögen zwar noch sehr stark sein. Doch der von Trump erklärte Handelskrieg zeigt, wieweit sie ihre vorherrschende Position verloren haben. Früher konnten die USA noch den Umstand ignorieren, dass die Aushebelung des Urheberechts eine Bedingung für Investitionen in den chinesischen Niedriglohnfabriken war. Jetzt sind die Einsätze höher und es geht nicht nur um den Handel. Trump stützt sich auf ein Gesetz von 1961, das bei Gefährdung der nationalen Sicherheit der USA die Verhängung von Einfuhrsperren vorsieht. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem ein Handelskrieg der Vorläufer eines strategischen Krieges sein kann. Dies ist keinesfalls ein abstraktes Szenario. Als die UdSSR zusammenbrach kannte das Triumphgeschrei vom „Ende der Geschichte“ und dem „Beginn einer neuen Weltordnung“ keine Grenzen. Doch das hielt nicht lange an. Die Rückschläge der USA in Afghanistan und dem Irak wurden vom Aufstieg Chinas begleitet. Die Gefahr in dieser Situation besteht darin, dass die militärische Stärke der USA in keinem Verhältnis zum Rest der Welt steht. Amerikanische Truppen sind fast überall präsent, sie kontrollieren die Schifffahrtswege und die USA geben doppelt so viel für Rüstungsausgaben aus als Russland und China zusammen. Wenn Chinas Aufstieg weiter anhält und die chinesischen Vorstöße in Afrika und Asien auch weiterhin von Erfolg gekrönt sind, werden die USA mit einer weiteren Einschränkung ihrer Macht konfrontiert sein. Der Druck für präventive Militärschläge wächst und die Ernennung der Hardliner Bolton und Pompeo durch Trump sind ein Anzeichen dafür, dass der Zeitpunkt dafür immer näher rückt. Hinter ihnen stehen „think tanks“ die schon seit langem für Aktionen trommeln, um China Einhalt zu gebieten. Wir haben schon des Öfteren darauf hingewiesen, dass die Geschichte immer wieder gezeigt hat, dass Handelskriege nur der Vorläufer für entfesselte „heiße Kriege“ waren. Es gibt keine Garantie dafür, dass die lange Agonie der Wirtschaftskrise nicht den gleichen Ausgang nimmt.

Die einzige Alternative

Die einzige Kraft, die all dem Einhalt gebieten kann, ist die internationale ArbeiterInnenklasse, die Mehrheit der Weltbevölkerung. Auch wenn sie sich seit Jahren in der Defensive befinden und unter Arbeitslosigkeit, Inflation Umstrukturierungen und neuen Methoden der Ausbeutung zu leiden haben, sind es die Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter dieser Welt, die dieses System im Krieg und im Frieden am Laufen halten. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich die Arbeiterinnenklasse nach der Orientierungslosigkeit, die durch die Zerstörung von Arbeitsplätzen in den 80er und 90er Jahren hervorgerufen wurde, nun in einer neuen Klassenzusammensetzung wiederfindet, und sich weigert die alten Bedingungen hinzunehmen. WanderarbeiterInnen, Arbeiterinnen in der Gig Economy sowie proletarisierte Sektoren im Dienstleitungssektor fangen bereits an sich zu wehren. Dies sind nur vereinzelte Signale und noch keine massive und systematische Antwort auf die Intensität des Angriffs, unter dem wir schon lange zu leiden haben. Doch zumindest gibt es sie. Das kommt alles andere als verfrüht. Dieses System ist krank. Das kapitalistische Profitstreben bedroht zunehmend die Existenz dieses Planeten durch fortgesetzte Umweltzerstörung. Die rassistischen „Lösungen“ der Nationalisten laufen auf einen Krieg hinaus, der die Menschheit über Jahrhunderte zurückwerfen würde, wenn sie diesen überhaupt überleben sollte. Kämpfe gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Rassismus sind allerdings nur der Anfang. In Streiks, Besetzungen und Protesten können wichtige Erfahrungen gesammelt, Selbstbewusstsein entwickelt und den Bossen und Vermietern Zugeständnisse abgetrotzt werden. Doch diese elementaren Kämpfe brauchen einen politischen Bezugspunkt und ein Programm, wenn wir aus der Situation herauskommen wollen, dass jeder Kampf faktisch wieder bei Null anfangen muss. Dieses Jahr jährt sich vier Tage nach dem 1. Mai der Geburtstag von Karl Marx zum 200 Mal. Erinnern wir uns an seine Worte: „Jeder Klassenkampf ist ein politischer Kampf.“ Die Arbeiterklasse muss ihre eigenen autonomen Organe und Strukturen entwickeln, um ihre Kämpfe zu koordinieren und auszuweiten, was in der Vergangenheit durch Räte und Vollversammlung geschah. Um ihren Kämpfen einen langfristige politische Perspektive und kommunistische Stoßrichtung zu geben, bedarf es aber auch einer internationalen wie internationalistischen Partei. Diese ist keine Regierung im Wartestand und schon gar kein weiteres parlamentarisches Projekt (wie es Sozialdemokraten und Stalinisten propagieren), sondern ein notwendiges politisches Instrument, um die aus den Klassenkämpfen entstehende Emanzipationsbewegung zu vereinen und ihr eine Orientierung zu geben. Die Internationalistische Kommunistische Tendenz setzt sich zum Ziel auf die Herausbildung einer solchen Klassenpartei hinzuarbeiten, um für eine Welt ohne Staaten und Klassen, ohne Ausbeutung und Grenzen, ohne Hunger und Krieg zu kämpfen, „in der die freie Entwicklung eine jeden die Bedingung für die Freiheit aller ist.“

Internationalistische Kommunistische Tendenz

Wednesday, April 25, 2018