Imperialistische Heuchelei in Ost wie West!

Je weiter die Zahl der Todesopfer in Gaza (darunter immer mehr Kinder) steigt, umso deutlicher tritt die Doppelmoral der imperialistischen Realpolitik zutage. Für unsere herrschenden Klassen sind einige Leben schlicht mehr wert als andere. Es sind wirtschaftliche, politische und militärische Verflechtungen, die darüber entscheiden, wo und über welche Gräueltaten gesprochen wird. Es reicht sich das Abstimmungsverhalten bei den die jüngsten Konflikte betreffenden UN-Resolutionen und die diesbezügliche Berichterstattung der Mainstream-Medien zu Gemüte zu führen. Noch deutlicher wird es, wenn wir uns die heuchlerischen Stellungnahmen einiger „unserer“ geschätzten Staatsoberhäupter ansehen:

  • US-Präsident Biden hat die Tötung ukrainischer ZivilistInnen als "Kriegsverbrechen" bezeichnet, aber in Hinblick auf palästinensischen Toten erklärt, dass er "kein Vertrauen" in die Zahlen habe. Israel habe "das Recht, sich zu verteidigen".
  • Der russische Präsident Putin hat sich zu den "katastrophalen" Todesfällen unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen geäußert, öffentlich aber keine Verantwortung für auch nur einen einzigen zivilen Todesfall in der Ukraine übernommen (die Zahl der Toten wird offiziell mit 10.000 angegeben, könnte aber weitaus höher sein).
  • Der türkische Präsident Erdoğan hat Israel zum "Besatzer" erklärt und das "Massaker" an PalästinenserInnen angeprangert. Gleichzeitig bombardiert sein Regime weiterhin regelmäßig kurdische Gebiete im Irak und in Syrien.
  • Nach der brutalen Niederschlagung von Massenprotesten in seinem eigenen Land (bei der mindestens 500 Menschen ums Leben kamen) prangert der iranische Präsident Ebrahim Raisi nun israelische "Kriegsverbrechen" an und verkündet, dass die PalästinenserInnen das "Recht auf Selbstverteidigung" haben.

Solche Aussagen sollten nicht überraschen. Die kapitalistische Moral ist kaum mehr als eine PR-Übung. Im Krieg wird sie benutzt um die Öffentlichkeit gegen einen gemeinsamen Feind zu mobilisieren, wer auch immer das sein mag. Jede der streitenden Seiten prangert die "Kriegsverbrechen" der anderen an. Für den Westen war das Abschalten von Wasser und Strom für die ukrainische Zivilbevölkerung ein russisches "Kriegsverbrechen", in Bezug auf die israelische Kriegsführung in Gaza wird es allerdings als gerechtfertigtes Mittel angesehen. Die verschiedenen "Rechte" (auf Selbstverteidigung, auf Selbstbestimmung usw.) werden geltend gemacht, wenn es angebracht ist, und verweigert, wenn es notwendig ist. Diese "Rechte" sollen der gewaltbasierten Realität der imperialistischen Beziehungen zwischen den Nationen einen Anschein von Ordnung und Rationalität verleihen. Aber es ist der Kampf um Märkte, Rohstoffe, Technologie, Territorien und Profite, der die internationale Politik wirklich diktiert. Und in diesem politischen Kontext werden die gegenseitigen Anschuldigungen von "ethnischen Säuberungen" oder gar "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und "Völkermord" erhoben. Allein in den letzten drei Jahren wurden mindestens vier Konflikte von verschiedenen konkurrierenden Quellen mit diesen Begriffen belegt: Tigray, Ukraine, Berg-Karabach und jetzt Gaza. Ethnisch motivierte Massenmorde und Massenvertreibungen sind auch eine Konsequenz postkolonialer Regime, die auf ethnischen und stammesbezogenen Loyalitäten beruhen. Doch in der verdrehten Logik des Systems werden sie zum integralen Bestandteil der imperialistischen Auseinandersetzungen.

Im modernen Krieg wird sogar humanitäres Engagement zu einer politischen Waffe, um den Konflikt weiter anzuheizen, da die kapitalistischen Akteure wissen, dass so internationale Sanktionen oder ausländische Interventionen zugunsten derjenigen in Gang gesetzt werden können, die als Opfer angesehen werden.

Für internationalistische KommunistInnen sind die derzeit weltweit entfesselten Gräueltaten - ob in Gaza, Bachmut, Berg-Karabach oder anderswo – unmittelbar mit dem gesamten verrotteten imperialistischen und kapitalistischen Gefüge verwoben. Seit Jahrzehnten haben wir davor gewarnt, dass die Krise eines auf Profit ausgerichteten Systems zu vermehrten militärischen Konfrontationen führen wird. Jetzt sehen wir die realen Folgen dieses Drangs zum Krieg; Durch Raketen und Drohnen zerstörte Städte und Dörfer, Unterbrechung der globalen Versorgungsketten, Einberufungen und die Unterdrückung von Protesten, Massaker an der Front und Massenvertreibung von ZivilistInnen. Leidtragende sind diejenigen, die gezwungen werden für "ihre" Nation zu töten und zu sterben – die globale ArbeiterInnenklasse.

Vom einen oder anderen kapitalistischen Akteur diktierte diplomatische Lösungen können das Unvermeidliche nur aufschieben. Die inneren Widersprüche eines Systems, welches auf wirtschaftlicher und militärischer Konkurrenz zwischen verfeindeten kapitalistischen Staaten beruht, werden nicht im Rahmen dieses Systems gelöst werden können. Internationalistische KommunistInnen rufen nicht zu "Waffenstillständen" auf, appellieren nicht an die "Demokratie" oder an die "Rechte" der Nationen. Nicht aus Mangel an Mitgefühl oder Anteilnahme, sondern weil sie das System so sehen, wie es eben ist. Es gibt nur einen Ausweg: Die ArbeiterInnen müssen sich dem Krieg verweigern, sich über alle Grenzen hinweg zusammenschließen, sich weigern, ihre Kolleginnen und Kollegen, ihre Klassenbrüder- und schwestern zu töten und zu verstümmeln, ihre Wut gegen die herrschenden Klassen richten, die dafür verantwortlich sind, dass unser Planet durch dieses wütende Inferno verschlungen wird. Anstatt in diesen imperialistischen totalen Kriegen, die ganze Städte dem Erdboden gleichmachen und dabei weitaus mehr Menschen aus der Zivilbevölkerung als eigentlichen Kombattanten töten, Partei zu ergreifen, ist es unsere Aufgabe, aufzuzeigen wohin uns diese Kriege führen. Letztendlich wird das der Weg zu einem verallgemeinerten globalen Krieg, einen Weltkrieg, sein.

Was der Bevölkerung in Gaza, Israel, der Ukraine und Berg-Karabach widerfährt, unabhängig davon ob sie ihr "eigenes" Regime unterstützt oder nicht, wird auch vor uns nicht halt machen. Der Zynismus der Bourgeoisie ist unübersehbar. Eine Kombination aus Gräueltaten, Heuchelei und vorgetäuschter emotionaler Anteilnahme seitens der Wortführer des Kapitals. Die Videos und Fotos, das Zeugnis der Opfer, Gaza in Trümmern, das alles ist in den sozialen Medien zu sehen. Auch wenn im Moment die Sicht vieler noch durch palästinensische Nationalfahnen verstellt ist, sollte dies ein Weckruf für alle ArbeiterInnen sein – das ist die Zukunft, die der Kapitalismus für die Menschheit bereithält.

Die aktuellen Konflikte führen uns vor Augen, was kapitalistische Barbarei bedeutet. Auch wenn sie noch so weit entfernt scheint kann unsere Alternative, die einzig mögliche, nur der Sozialismus sein.

Kein Krieg außer dem Klassenkrieg! Für die Überwindung eines Systems, das solche Grausamkeiten hervorbringt!

Monday, January 1, 2024