Gegen Krieg und jede nationalistische Ideologie: Das Proletariat hat kein Vaterland!

Ein weiterer 1. Mai inmitten von Bomben und Massakern. Ein weiterer 1. Mai, an dem die Bedrohung durch einen globalen Krieg immer konkretere Formen annimmt. Ein Gemetzel, das selbst den düstersten dystopischen Albtraum in den Schatten stellt und das Überleben auf dem Planeten Erde bedroht. Von der Ukraine bis zum Nahen Osten und dem Roten Meer, vom Kongo bis zum Sudan...; Überall nehmen kriegerische Auseinandersetzungen zu und mit ihnen das Leid der Menschen. Diese Eskalation der Gewalt ist mitnichten einfach nur dem bösen Willen einzelner Politiker oder Staaten geschuldet, wie die Pazifisten aller Seiten behaupten, Sie ist die logische Folge eines krisengeschüttelten kapitalistischen Systems, das "unsere" Herrschenden in den militaristischen Angriffsmodus zwingt.

Die Krise befeuert Nationalismus und Krieg

Der weltweite Kapitalismus mag sich in einer tiefen Krise befinden, doch er wird nicht eines natürlichen Todes sterben. Die Tendenz zur Krise äußert sich darin, dass es ihm aufgrund des tendenziellen Falls der Profitrate immer schwerer fällt, Kapital für produktive Investitionen zu verwerten. Der erste und einfachste Ausweg schien das Anwerfen der Notenpresse und die Flucht in die Finanzspekulation zu sein. Doch letztendlich wurden die grundlegenden Probleme damit weiter katalysiert. Das Platzen der Finanzblasen hatte eine weitere Schwächung der produktiven Basis zur Folge. Die Krise wurde damit weiter verschärft, was sich nicht zuletzt in einer fortschreitenden Eskalation der innerimperialistischen Auseinandersetzungen niederschlug.

Vor diesem Hintergrund versucht das Kapital seinen Verwertungsproblemen zu begegnen, indem die Kosten der Ware Arbeitskraft, der direkte Lohn, so weit wie möglich gedrückt wird. Gleichzeitig werden Sozialleistungen abgebaut und drastische Kürzungen im Bildungs-und Gesundheitswesen, sowie bei den Renten durchgesetzt. Das absolute und wesentliche Ziel besteht darin, die Lohnabhängigen für die Krisen des Kapitals zahlen zu lassen, indem die aufgeschobenen und indirekten Löhne eingedämmt oder gesenkt werden.

Ferner wird die ArbeiterInnenklasse weltweit in einen gnadenlosen Konkurrenz –und Unterbietungswettbewerb versetzt in dem Kapital und Produktion stets dorthin verlagert werden wo die Arbeitskosten deutlich niedriger sind und günstigere Steuersysteme und nicht zuletzt besonders harte Anti-Streik-Gesetze locken.

Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, und sie reichen nicht aus, führt die Fortsetzung der inzwischen in allen Breitengraden systemischen Krise, zum verheerenden und gewaltsamen Rückgriff auf das Mittel des Krieges. Zunächst verlegt man sich auf einen stellvertretend geführten Krieg, bei dem die imperialistischen Mächte hinter den Kulissen die Strippen ziehen. Finanzmittel und Waffen werden bereitgestellt und hehre Versprechungen für künftige Hilfen gemacht, die, wenn sie überhaupt eingehalten werden, für diejenigen, die sie erhalten einen immensen Preis haben. Daraus entsteht eine Dynamik, in der der Imperialismus fortlaufend Kriege befeuert oder entfacht. Eine Dynamik die schwer zu kontrollieren und kaum eindämmbar ist und die permanente Gefahr einer direkten militärischen Konfrontation der Großmächte mit sich bringt. Ein Szenario in dem sich imperialistische Akteure wie der Iran, China, Russland und die Vereinigten Staaten sowie die Europäische Union in einem verallgemeinerten Krieg offen gegenüberstehen scheint immer wahrscheinlicher zu werden.

Der Krieg im Kapitalismus führt zu schrecklicher Grausamkeit, die kaum jemanden verschont. Doch für den möglichen „Gewinner“ winkt die Aussicht, Marktkonkurrenten ausschalten und sich deren Gebiete aneignen zu können, die für die Produktionsbedürfnisse einer modernen Wirtschaft in einer Strukturkrise nützlich sind. Es bedeutet mehr Öl und Gas, während eine dringend notwendige ökologischer Transformation nur mühsam in Gang kommt. Es bedeutet einen Kampf um Lithium und "seltene Erden". Es bedeutet den Versuch die Profitrate zu erhöhen und schließlich bedeutet es die Zerstörung von Kapitalwerten für das Geschäft des Wiederaufbaus. Ob sich dies mit oder ohne Atombomben vollzieht, wird von den aktuellen Kriegssituationen in der Ukraine, der Krise am Roten Meer und nicht zuletzt in Gaza abhängen, wo das schreckliche Gemetzel, das durch das Massaker der Hamas am 7. Oktober ausgelöst wurde zu einer Ausweitung des Krieges auf den gesamten Nahen Osten führen kann. Das erneute Gerangel um Afrika und die chinesischen und amerikanischen Manöver im Pazifik werden sich nicht ewig auf militärische Aktionen ihrer Stellvertreter beschränken. Die Zukunft die der Imperialismus für uns vorbereitet ist wie nie zuvor eine Zukunft voller Zerstörung und Tod. Wer wird die Zeche dafür zahlen?

Die ArbeiterInnenklasse und der Krieg

Die Antwort liegt auf der Hand: Diejenigen die unter der Fahne ihrer eigenen Bourgeoisie oder ihrer imperialistischen „Verbündeten“ in den Krieg ziehen müssen. Die Zivilbevölkerung die durch die menschenverachtenden Bombardierungen buchstäblich dezimiert wird, die alles zerstören und nichts verschonen. Diejenigen die verzweifelt versuchen der Armut zu entkommen und vor den Folgen des Klimawandels und den Verheerungen der imperialistischen Stellvertreterkriege fliehen müssen.

Der Gefahr eines noch zerstörerischen Krieges als alle vorangegangenen, kann sich nur eine Kraft entgegenstellen. Diese Kraft ist die der Ausgebeuteten, des internationalen Proletariats, der riesigen Massen von Enteigneten, die durch die Krise des Kapitalismus hervorgebracht wurde. Es sind diese Lohnsklaven die mit ihrer Arbeitskraft den gesellschaftlichen Reichtum eines jeden Landes produzieren, von dem sie nur mühsam einige Brosamen zurückerhalten. Es sind diejenigen, die arbeitslos oder „unterbeschäftigt“ versuchen irgendwie am Rande einer Gesellschaft zu überleben, die bis in die letzte Sphäre vom Diktat kapitalistischer Verwertungsinteressen bestimmt wird.

Diese Kraft, die in Friedenszeiten ausgebeutet und in Kriegszeiten als Kanonenfutter verheizt wird, kann das mächtigste Gegenmittel gegen den imperialistischen Krieg sein, vorausgesetzt sie agiert als Klasse, die auf ihrem eigenen Terrain gegen den Kapitalismus, seine Krisen und seinen Militarismus ankämpft. Doch dazu muss sie sich zunächst von der Dominanz der Ideologie der herrschenden Klasse freimachen. Kriege werden durch die Krisen des Kapitals erzwungen, sie werden von der Bourgeoisie geführt um ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen. Doch sie werden von ProletarierInnen ausgefochten, die den Ideologien der herrschenden Klasse unterworfen sind. Ideologien deren Spannweite von der Verteidigung oder dem Export der „Demokratie“, der Verteidigung der „nationalen Interessen“ bis hin zu "universellen" religiösen Grundsätzen reicht, die mit Gewalt durchgesetzt werden müssten. Ganz zu schweigen von all den alten und neuen rassistischen und homophoben Ideologien, die den Krieg als ein Instrument der "Reinigung _der Nation_“ idealisieren.

Das ideologische Arsenal der Bourgeoisie, mit dem sie das Proletariat dazu bringen will sich mit ihren Interessen zu identifizieren, ist reich bestückt, besonders wenn es um den Krieg geht. Aus diesen Gründen ist es unerlässlich, dass die Klasse eine internationale politische Organisation mit einer eigenen Taktik und Strategie hervorbringt. Das Wesen des Imperialismus und seine tödlichen Aktionen sind international. Deshalb brauchen wir eine internationale Partei, eine neue Internationale, die all unsere Kräfte für ein einziges Ziel bündelt: Den Kampf gegen den Kapitalismus in all seinen ökonomischen und sozialen Erscheinungsformen.

Dies ist keine leichte Aufgabe und steht wie jede Perspektive von historischer Bedeutung vor vielen Hindernissen. Der Weg ist mit Fallstricken gepflastert und nicht alle davon sind ein unmittelbares Produkt der bürgerlichen Reaktion.

Es gibt keine „richtige Seite“ im imperialistischen Krieg!

Zunächst einmal ist augenfällig, dass nicht wenige "linke" Kräfte, insbesondere jene die von sich behaupten „revolutionär“ und „internationalistisch“ zu sein, selbst in der bürgerlichen Ideologie verfangen sind, die vom Kapitalismus tagtäglich reproduziert wird. Angesichts der andauernden Kriege in der Ukraine, in Palästina, am Roten Meer etc. kommen sie gehörig ins Schlingern, indem sie versuchen „eine richtige Seite“ zu wählen oder gar ein vermeintlich „kleineres Übel“ zu unterstützen. Häufig wird bspw. auf die exzessive militärische Macht Russlands verwiesen, um in Sinne der „Vaterlandsverteidigung“ der Ukraine Position zu beziehen. Andere wiederum verweisen auf das militärische Potential der Nato, um zur „Verteidigung Russlands“ aufzurufen. Ebenso wird die militärische Überlegenheit Saudi Arabiens gegenüber den Houthis oder Israels gegenüber der Hamas als Argument herangezogen, um letztere mehr oder weniger „kritisch“ zu unterstützen. Wie kommt man auf die krude Idee bspw. mit der Hamas eine politische Formation verteidigen zu wollen, die das Produkt eines dschihadistischen, faschistischen Nationalismus ist? All diesen Positionen liegt eine gleichermaßen simple wie reaktionäre Logik zugrunde: In den imperialistischen Auseinandersetzungen müsse je nach terminologischen Geschmack „der Kleinere“, das „halbkoloniale Land“ oder „der angegriffene Nationalstaat“ verteidigt werden, um nach den Vorstellungen der bürgerlichen Moral „im Recht“ zu sein. Derartige Positionen treten das Leid der Kriegsopfer mit Füssen und sind für den Befreiungskampf des Proletariats das reinste Gift!

Zunächst einmal ist die imperialistische Politik „nicht das Werk irgendeines oder einiger Staaten, sie ist das Produkt eines bestimmten Reifegrades in der Weiterentwicklung des Kapitals, eine von Hause aus internationale Erscheinung, ein unteilbares Ganzes, das nur in allen seinen Wechselbeziehungen erkennbar ist und dem sich kein einzelner Staat zu entziehen vermag.“(Rosa Luxemburg) Ferner stehen sich in den imperialistischen Auseinandersetzungen in den seltensten Fällen Staaten gegenüber, die von ihrem ökonomischen und militärischen Entwicklungsstand vollständig auf der gleichen Stufe stehen, was in gewisser Hinsicht eben auch eine Ursache für den Krieg ist. Das entscheidende Kriterium besteht darin zu bestimmen, welche Klasse den Krieg führt. Das tragische gemeinsame Merkmal eines jeden imperialistischen Krieges besteht im blutigen Zusammenstoß der Ausgebeuteten beider Seiten. Auf beiden Seiten krepieren Menschen für „ihre eigene Bourgeoisie“, für Interessen, die nicht die ihren sind!

Gegen jede nationalistische Ideologie!

Vor diesem Hintergrund ist jedes Gerede vom „Selbstbestimmungsrecht der Völker, von „nationalen Befreiungskriegen“ oder der „Unabhängigkeit der Nationen“ eine reaktionäre Abstraktion, in die sich die derzeit „woken“ Vorstellungen von der Hamas als angebliche „antikoloniale Bewegung“ oder der Houthis als „antiimperialistische Kraft“ einfügen. Die Interessen des Proletariats können nicht verteidigt werden, indem man das Schicksal der Lohnabhängigen in den Händen der Bourgeoisie belässt, egal ob es sich um Dschihadisten oder säkulare Kräfte handelt. Es ist unmöglich zum Wiedererstarken des revolutionären Internationalismus beitragen, indem man in imperialistischen Kriegen Partei ergreift. Man kann nicht gegen den Krieg kämpfen indem man sich an ihm beteiligt, egal unter welchem Vorwand oder welcher Begründung. Im Gegenteil, die erste Aufgabe der internationalistischen politischen Organisationen besteht darin, die ArbeiterInnenklasse aus den tausend Tentakeln der nationalen Bourgeoisien und des internationalen Imperialismus zu befreien. Dies erfordert die Ablehnung aller Formen des Nationalismus und aller Kriege und das Eintreten für eine revolutionäre Alternative zum Kapitalismus. Alles andere läuft auf eine konterrevolutionäre Politik und die Bewahrung des "Status quo" hinaus.

No War but the Class War!

Aus diesem Grund haben wir als IKT die Initiative No War but the Class War gestartet, um die grundlegenden internationalistischen Prinzipien innerhalb unserer Klasse zu verteidigen. Prinzipien, die von den politischen Erben der degenerierten Dritten Internationale und weiten Teilen des Anarchismus vergessen oder, schlimmer noch, verzerrt und entstellt worden sind. Der Ernst der Lage - die Gefahr eines verallgemeinerten Krieges - zwingt die InternationalistInnen zu dieser Form der Zusammenarbeit. Wir müssen in einer Klasse agieren, die durch ein Jahrhundert stalinistischer Konterrevolution, jahrzehntelange Umwälzungen und politisch-soziale Angriffe durch das internationale Kapital in die Defensive getrieben wurde. Trotz der systematischen Verschlechterung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen hat unsere Klasse bisher nicht oder nur unzureichend auf diese Angriffe reagiert. Nur das Erwachen dieses "schlafenden Riesen" kann dafür sorgen, dass die politische Botschaft der InternationalistInnen nicht nur ein einsamer Ruf in der Wüste bleibt. Nur die Wiederaufnahme des verallgemeinerten Klassenkampfes wird eine politische Reifung und Stärkung der internationalistischen Kräfte ermöglichen, die zur Bildung des unverzichtbaren politischen Instruments für die revolutionären Überwindung des kapitalistischen Systems führt: die internationale Partei der proletarischen Revolution.

Internationalistische Kommunistische Tendenz
Tuesday, April 23, 2024