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Startseite ›In der Sackgasse - Bilanz der Studierendenproteste 2009/2010 in Österreich
Im Oktober 2009 brachen in Österreich die größten Studierendenproteste seit den 1970ern aus. Diese breiteten sich im Nu wie ein Lauffeuer zuerst in Österreich, dann international aus, sodass im November weltweit Hörsäle in über 150 Universitäten besetzt waren.
Dieses erste große Wiederaufflammen der StudentInnenproteste nach Jahrzehnten des Hinnehmens von kontinuierlichen Verschlechterungen kommt nicht von ungefähr: Auch die StudentInnen aus der ArbeiterInnenklasse und weiten Teilen der Mittelschichten treibt der Kapitalismus mit Angriffen nicht nur auf die Studienbedingungen, sondern vor allem auf die Lebenschancen und Zukunftsperspektiven in die Enge. Viele Studierende erleben bereits direkt, dass für sie die Zukunft im Kapitalismus, verschärft durch die Wirtschaftskrise, nur Arbeitslosigkeit oder prekäre Jobs bereithält und nur die Aussicht auf permanente Armut bedeutet.
Jedoch erkennen die meisten StudentInnen nicht, dass der Kapitalismus per se der direkte verursachende Grund der Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen und Zukunftsperspektiven ist: Es wurde von der überwiegenden Mehrheit der StudentInnenprotestbewegung lediglich der sogenannte “neoliberale Turbokapitalismus“ als Problem gesehen und die vermeintliche Lösung in einem angeblich diesem entgegengesetzten guten, “sozialen Kapitalismus“ und “starken Sozialstaat“ gesehen. Da die ganze Protestbewegung voller Illusionen in den Kapitalismus gefangen war, waren logischerweise auch keinerlei sozialistische Orientierungen und Perspektiven innerhalb der Bewegung greifbar vorhanden. In diesem Sinne begrenzten sich die Studierendenproteste lediglich auf Kritik an den ärgsten Verschlechterungen (wie zum Beispiel Studiengebühren), waren jedoch nicht gegen den Kapitalismus als Ganzes gerichtet.
Was ist jetzt noch übrig von den StudentInnenprotesten?
Nach dem Ausbruch der StudentInnenproteste im Oktober 2009 erlebte die Bewegung in Österreich zuerst bis Mitte November 2009 eine Aufschwungphase, welche von großer Dynamik und rascher nationaler und internationaler Ausweitung der Proteste gekennzeichnet war. Nach dieser kurzen Hochphase der StudentInnenproteste nahm die Protestbewegung rasch ab und fiel bis Dezember 2009/ Jänner 2010 in Österreich vollständig in sich zusammen. Auch angesichts des Bolognagipfels (März 2010) flammte die Bewegung nicht wie von vielen erwartet wurde erneut auf. Die kurzzeitige Besetzung des Rektorats an der Wiener Hauptuni bzw. gleich darauffolgend des Audimax dann für wenige Stunden im Mai 2010 zeugt eher von dem verzweifelten Versuch einiger StudentInnen, die Bewegung zu reanimieren, was jedoch nicht gelingt; aber nicht von einem latent vorhandenen Funken in der Bewegung. Die letzten an den Unis übrig bleibenden “AktivistInnen“ beschränken sich auf das Organisieren von angeblich alternativen und kritischen Lehrveranstaltungen und geben -größtenteils voll inbrünstiger Überzeugung-, die noch verbleibenden erkämpften Räumlichkeiten an den Universitäten (die jetzt natürlich nicht mehr besetzt, sondern von der Uni offiziell zur Verfügung gestellt und den StudentInnen zur Nutzung überlassen wurden) als großen Erfolg der Studierendenproteste aus.
Die Besonderheiten der Studierendenproteste
Was bei den StudentInnenprotesten 2009 als Besonderheit hervorsticht ist im Wesentlichen, dass die Proteste im Gegensatz zu vielen vorhergegangenen spontan und unabhängig von der österreichischen StudentInnengewerkschaft ÖH entstanden. Die ÖH hatte die Proteste diesmal nicht initiiert und lange Zeit auch nicht unterstützt (die heuchlerische Solidarisierungserklärung der ÖH mit den BesetzerInnen erfolgte erst nach Wochen). Die ÖH und innerhalb dieser wiederum der VSSTÖ (sozialdemokratische StudentInnenorganisation) versuchten zu Beginn der Bewegung, sich an ihre Spitze zu stellen, die Proteste zu beenden und gleich in Verhandlungen mit Hahn zu gehen. Dass die ÖH das Ende der Bewegung intendierte wurde von den BesetzerInnen am Anfang auch richtig erkannt und es gelang der ÖH nicht, die Proteste unter ihre Kontrolle zu bekommen und abzuwürgen. Denn die StudentInnen nahmen die ÖH von vornherein nicht als eine ihre Rechte vertretende und verteidigende Gewerkschaft war. Das wiederum liegt jedoch nicht daran, dass die meisten StudentInnen den derzeitigen per se reaktionären Charakter von Gewerkschaften erkennen; sondern mehr daran, dass die ÖH eher als Servicestelle denn als Gewerkschaft wahrgenommen wird und dass generell in der Studierendenbewegung politische Strukturen und Organisationen (Parteien, Gewerkschaften, generell politische Organisationen) als undemokratisch und als lediglich Spaltungen hervorbringend und Uneinigkeit hervorrufend angesehen und daher von vornherein abgelehnt wurden. Dass in der Bewegung richtigerweise Stellvertretungsorganisationen und -strukturen wie die ÖH abgelehnt wurden, fand seine praktische Entsprechung darin, dass überall eine Vollversammlung der Studierenden einberufen wurde, welche über die Besetzungsmaßnahme abstimmte. Weiters wurden in den weiteren meist täglich stattfindenden Vollversammlungen (Plena) die Entscheidungen direkt von allen Anwesenden getroffen (wie zum Beispiel über den Text für Presseaussendungen abgestimmt) und lange und ausführlich offen diskutiert.
Eine makellose direkte Kampfstruktur also? Nein, ganz im Gegenteil.
Strukturfeindlichkeit und die Notwendigkeit von direkten Kampfstrukturen
Das Problem war neben dem bürgerlichen Charakter der Proteste und dass die Bewegung im Rahmen des Kapitalismus stecken blieb: Dass es eben keine Kampfstrukturen gab. Da es keine Kampfstrukturen, die erst die Handlungsfähigkeit der Bewegung hergestellt hätten, gab, war die Protestbewegung ein handlungs- und beschlussunfähiger chaotischer und unkoordinierter Haufen: Die Plena dauerten ewig ohne dass dabei ein Resultat herauskam wie z.B. ein konkreter Beschluss. Oder aber dieser mühsamst gefasste Beschluss wurde dann nicht umgesetzt, weil es eben niemanden gab, der dafür verantwortlich war. Dadurch funktionierten die einfachsten Dinge nicht, informelle Hierarchien entstanden, Leute wandten sich aufgrund der ewigen Herumdiskutiererei ohne Ergebnis angewidert von der Bewegung ab. Sogenannte Basisdemokratie als Ausdruck von Strukturlosigkeit und Handlungsunfähigkeit hat gerade dazu geführt, wogegen sie von der Uniprotestbewegung als einziges Präventiv- und Gegenmittel angesehen wurde. Nämlich zu einem ganz undemokratischen Vorgehen: Es konnte aufgrund des Fehlens von direkt gewählten Strukturen und Organen der Selbstorganisation niemand kontrollieren, was die einzelnen Leute taten, z.B. was sie nach außen hin vertraten, da es keine Rechtfertigungspflicht gab. Eine jederzeit wähl- und abwählbare und rechenschaftspflichtige räteähnliche (Exekutiv)struktur (Streikrat…) hätte diese Probleme beheben und lösen können. Doch selbst räteähnliche Strukturen, die ja einen Ausdruck der direkten Selbstorganisation darstellen, wurden von Anfang an in der Uniprotestbewegung verteufelt und mit Herrschaftsstrukturen a la ÖH gleichgesetzt, von denen sich die Bewegung ja bewusst abgrenzen wollte. Selbst als die StudentInnen mit der Strukturlosigkeit negative Erfahrungen machten und erkannten, dass die Handlungsunfähigkeit etc. aus dem Fehlen von Strukturen und dem damit verbundenen Fehlen einer koordinierten Aufgabenverteilung herrührte, wurde weiterhin argumentiert, dass die Basisdemokratie; also das ewige unkoordinierte ergebnislose Herumdiskutieren; ein positives Charakteristikum der Uniprotestbewegung darstelle und kein Weg an ihr vorbeiführe, da ja alle Strukturen ablehnenswert seien. Das Fehlen an handlungsfähigen direkten Kampfstrukturen trug wesentlich dazu bei, dass die Studierendenprotestbewegung schnell im Sand verlief.
Ganz genau dieser Schwäche folgend verlief auch die nationale und internationale Vernetzung und Koordination der Bewegung: Es gab zwar wöchentliche Vernetzungstreffen der österreichischen Uniprotestbewegung, jedoch wurden bei diesen Treffen wiederum weder Beschlüsse gefällt noch Koordinationsstrukturen geschaffen.
Verlauf und Niedergang der Proteste
Zu Beginn der Studierendenproteste, in deren Hochphase, verfügten sie, wenn auch nur kurzfristig, zuerst über eine weiterführende, linkere Stoßrichtung und Ausrichtung. Es wurde zuerst mehrheitlich so gesehen, dass die Proteste sich inhaltlich gegen das “neoliberale Gesamtsystem“ richten. In dieser kurzen Phase waren auch viele ArbeiterInnen und SchülerInnen an den Protesten beteiligt, kamen; wann immer es irgendwie möglich war; nach Arbeit oder Schule an die Uni. Sie und auch viele StudentInnen waren am Beginn der Proteste voll freudiger Euphorie darüber, dass “sich endlich einmal etwas dagegen tut“ erfüllt. Jedoch verlor die Protestbewegung rasch scharenweise ihre beteiligten StudentInnen, ArbeiterInnen und SchülerInnen.
Der Hauptgrund hierfür liegt in den offensichtlichen schwerwiegenden Fehlern der Unibewegung. Die Plena stellten einzige Schwätzereiveranstaltungen dar, es wurde endlos ausufernd und ergebnislos über Kleinigkeiten diskutiert und die wichtigen Dinge blieben auf der Strecke. Aufgrund dieser augenscheinlichen Missstände von Ergebnislosigkeit und Handlungsunfähigkeit der Protestbewegung zogen sich die meisten Leute aus der Beteiligung an der Uniprotestbewegung zurück.
Mit zunehmendem zahlenmäßigen Abflauen und Mobilisierungsschwäche der Bewegung gewannen dann in ihr kontinuierlich auch immer mehr offen prokapitalistische Positionen die Oberhand. Dass sich mit zunehmendem Abnehmen der an der Protestbewegung beteiligten Personen gleichzeitig immer mehr kapitalistische und systemaffirmative Ansichten durchsetzten, stellt einen miteinander zusammenhängenden Prozess dar. In den StudentInnenbenbewegung herrschte die Ansicht vor, dass angesichts des Abflauens der Bewegung kein Weg daran vorbeiführe, „radikale“ Positionen zurückzunehmen und aufzugeben und inhaltlich eine breitere Bewegung zu werden, um so von allen StudentInnen unterstützt werden zu können. Da sich immer weniger StudentInnen an den Protesten beteiligten, stelle jetzt die einzige Möglichkeit um die Protestbewegung am Leben zu halten eine Abkehr von radikalen Positionen dar, um so alle StudentInnen zu erreichen und für die Protestbewegung zu gewinnen. So die Argumentation, der auch entsprechende Handlungen folgten: Es wurden Forderungen aufgestellt, denen alle StudentInnen zustimmen können sollten. Dies waren dann natürlich Forderungen vom reaktionärsten Typ wie zum Beispiel “mehr Geld für die Ausbildung der zukünftigen Elite des Landes“. So wurde die Studierendenprotestbewegung von der zu Beginn dominierenden diffusen Kritik am Kapitalismus schnell auf inhaltlich reduzierte, auch innerhalb des kapitalistischen Rahmens erfüllbare Minimalforderungen zurückgeschraubt.
Antikapitalistische Positionen wurden nun als die Protestbewegung gefährlich schwächend eingestuft, weil diese angeblich die Leute abschrecken und einen schlechten, weil radikalen Eindruck von der Studierendenbewegung in der Öffentlichkeit hervorrufen würden. Und entsprechend wurde zunehmend gegen sozialistische Positionen vorgegangen und wurden diese systematisch bekämpft. Zu Beginn der Protestbewegung wurde von der Mehrheit der BesetzerInnen noch bekräftigt, dass es in der Bewegung um eine Kritik am Gesamtsystem gehe und sie sich nicht mit finanziellen Ruhigstellungsbrotkrumen abspeisen lassen würden; mit dem zahlenmäßigen Abnehmen der Unibewegung wurden die 34 Millionen, die nach Wochen des Protestes den österreichischen Universitäten von der Regierung als Mittel zur eigenen Imagebehebung und zur Ruhigstellung der Protestbewegung andererseits zugesprochen wurden, dann plötzlich als großer Erfolg der Besetzungsbewegung angesehen. Auch war es gegen Ende der Studierendenbewegung aufgrund der immer deutlicher hervortretenden Hegemonie von bürgerlichen, standesdünklerischen und direkt prokapitalistischen Positionen innerhalb der Bewegung kaum bis nicht mehr möglich sozialistische Position in diese einzubringen.
Niedergang der Proteste: weitere Ursachen
In der Studierendenprotestbewegung war bald ein bürgerlicher Charakter und eine ebensolche Ausrichtung vorherrschend. Die Studierendenproteste waren durchseucht von illusorischen Sichtweisen, Selbstnormierung und -Beschränkung auf den kapitalistischen Rahmen. Die Dominanz dieser Sichtweisen stellte einen Todesstoß gegen bewussteres und radikaleres Auftreten und eine ebensolche Ausrichtung der Protestbewegung dar und verhinderte ebenso eine Entwicklung in diese Richtung.
Der fehlende eigenständige proletarische Klassenstandpunkt der StudentInnenprotestbewegung stellte wohl ihre größte Begrenzung dar und zeigte sich deutlich in der Illusion, alle StudentInnen erreichen und für die Protestbewegung gewinnen zu müssen und dies zu können. Das ewige “wir dürfen niemanden ausschließen, wir müssen alle mit einbeziehen, wir Studierende wollen ja alle dasselbe“-Gefasel, dieser fehlende proletarische Klassenstandpunkt der Bewegung setzte sich fort in der die StudentInnenproteste des weiteren kennzeichnenden Zugeständnisse- und Selbstnormierungsgsmentalität und deren Selbstbeschränkung auf den kapitalistischen Rahmen. Es wurde in der Unibewegung auch von den StudentInnen aus dem Proletariat nicht erkannt, dass die StudentInnen keine einheitliche Kasse darstellen. Die Mehrheit der Studierenden hat einen (klein)bürgerlichen Klassenhintergrund. Nur eine Minderheit der StudentInnen kommt aus der ArbeiterInnenklasse. Von daher können die StudentInnen keine einheitlichen Ziele und Interessen haben; was auch bedingt, dass es aufgrund dieser Klassenzusammensetzung der StudentInnen nicht gelingen kann, einen Vollstreik an den Unis zu erreichen oder die überwiegende Mehrheit der StudentInnen für Besetzungen zu gewinnen. Da die Spaltung der StudentInnenschaft in verschiedene Klassen und von daher verschiedene Interessen auch von den StudentInnen aus der ArbeiterInnenklasse nicht erkannt wurde, wurden deren Interessen (z.B. nach höheren Stipendien etc.) in der Unibewegung nicht vertreten. Stattdessen ordneten mit dem Nichterkennen des in der Studierendenprotestbewegung vorherrschenden bürgerlichen Klassenstandpunkts und dem Verzichten auf das Einbringen eines eigenständigen Klassenstandpunktes durch die proletarischen und halbproletarischen StudentInnen diese ihre Interessen unbewusst de facto den Interessen der StudentInnen aus dem Bürgertum (wie: mehr Geld für die Elite) unter.
All diese katastrophalen Ansichten, welche klarerweise schon zu Beginn der Bewegung vorhanden waren, jedoch während der Hochphase der Studierendenprotestbewegung noch nicht die Mehrheit stellten: Dass das kapitalistische Gesamtsystem nicht thematisiert werden dürfe; dass erfüllbare nur auf die Unis bezogene Forderungen für das Rektorat aufgestellt werden müssen und mit diesem in Verhandlungen gegangen werden müsse; dass es darum gehe, alle Studierende zu erreichen und für die Besetzungsbewegung und deren Forderungen zu gewinnen; und schließlich dass sozialistische Positionen für die Proteste schädlich seien, weil diese ja ein radikales und abschreckendes Bild von der Studierendenbewegung schaffen würden etc…; haben dazu geführt, dass die Uniprotestbewegung von selber im Sand verlief. Mit dem Glauben an die bürgerliche Illusion und Propaganda einer Klassen- und Interessenhomogenität der StudentInnenschaft; vor allem aber durch die Akzeptanz des Kapitalismus hat die Studierendenbewegung ihr eigenes Grab geschaufelt und ihre eigene Niederlage besiegelt. Denn mit dem Festklammern am Kapitalismus hat sich die Bewegung gleichzeitig der einzigen Möglichkeit beraubt, tatsächlich Verbesserungen erkämpfen zu können. Das wäre den Protesten nur mit einer kämpferischen Orientierung, die auch den Kapitalismus als solchen in Frage stellt, gelungen.
Diese Beschränkung der Studierendenprotestbewegung, das in ihr existierende zwanghafte Versuchen dem Entstehen eines schlechten und radikalen Bildes von der Protestbewegung in den Medien und der Öffentlichkeit auf jede Weise vorzubeugen und entgegenzuwirken; was dann dazu führte dass jegliche effektiven Protestformen und -inhalte als zu radikal verteufelt und deshalb abgelehnt wurden; zeigt sich konkret auch darin, in welcher Form die Unibesetzungen durchgeführt wurden.
Scheinbesetzung: Auseinanderklaffen von Anspruch und Realität
Dass Universitäten und Hörsäle im Laufe der StudentInnenproteste besetzt wurden, wird zwar allgemein so gesagt, jedoch stellt sich bei näherer Betrachtung heraus, dass wohl nur von einer Pseudobesetzung der österreichischen Universitäten und Hörsäle gesprochen werden kann.
Die Besetzungen der Hörsäle wurden mehrheitlich nicht als wirkliche Streik- und Kampfmaßnahme gesehen. Die vorherrschende Sichtweise der BesetzerInnen bestand zumindest in Linz darin, mit der Besetzung ja nicht den normalen Studienbetrieb für nicht protestierende StudentInnen und Unipersonal stören und schon gar nicht mit den “Besetzungen“ der Uni Kosten verursachen zu wollen. In diesem Sinne störten die sogenannten Hörsalbesetzungen den regulären Unibetrieb auch dann tatsächlich in keinster Weise. Für alle Lehrveranstaltungen wurden in Linz Ersatzräume gefunden und diese Ersatzräume wurden sogar von den “HörsaalbesetzerInnen“ organisiert. Weiters wurde in Linz sogar der “besetze“ Hörsaal mehrfach kurzzeitig verlassen, um im “besetzen“ Hörsaal Klausuren und Vorträge stattfinden zu lassen! Ebenso hatten überall BesetzungsgegnerInnen freien Zugang zu den “besetzen“ Hörsälen und konnten dort ungehindert Konteragitation zu den Studierendenprotesten betreiben. Als ob jemand wenn eine Fabrik besetzt wird auf die Idee käme, StreikbrecherInnen oder den Chef hereinzulassen! Eine als Hörsaalbesetzung deklarierte und damit vermeintliche Streik- und Kampfmaßnahme, die sich dadurch auszeichnet, dass sie der Uni weder Schaden noch Kosten verursachen will und überhaupt keine Störungen in normalen Unibetrieb hervorrufen will; in der zeitweilig sogar die Besetzungen aufgegeben werden, um im “besetzen“ Hörsaal den normalen Unibetrieb stattfinden zu lassen und die zudem noch allen “Besetzungs“gegnerInnen ungehinderten Zutritt und Rederecht garantiert, hat die Bezeichnung Besetzung nicht verdient und trägt den Namen Besetzung sicherlich zu Unrecht.
Die Proteste werden mittels Verhandlungen eingeschläfert und abgewürgt
Österreichweit wurden innerhalb weniger Tage nach Beginn der Hörsaalbesetzungen an einer jeweiligen Universität von den BesetzerInnen Forderungen aufgestellt und diese den Medien, der Politik und dem Rektorat mitgeteilt. Natürlich erwarteten Medien, Politik und Rektorat die Ausarbeitung eines konkreten Forderungskatalogs von den StudentInnen und übten Druck auf die BesetzerInnen aus, solch einen zu erstellen. Denn ein solcher Forderungskatalog stellt ein Instrument zu Normierung und Kontrolle der Protestbewegung dar. Erstens werden und wurden in den Forderungskatalog nur begrenzte, auf den Unibetrieb bezogene und möglichst erfüllbare Forderungen aufgenommen und so findet durch die Selbstbeschränkung der Bewegung auf erfüllbare Forderungen eine Selbstnormierung der Bewegung auf den Rahmen des Kapitalismus und eine Aufgabe von jeglichen eventuell noch vorhandenen radikaleren und antikapitalistischen Positionen statt. Zweitens traten dann Rektorate und Politik mit den Studierenden über die übriggebliebenen begrenzten und ausgehöhlten “realistischen“ Forderungen in Verhandlung. Dieses In-Verhandlungen-Gehen nimmt den Protesten ihre Spitze und Dynamik und führt zum selbstständigen Einschlafen der Bewegung. Natürlich wurden selbst die erfüllbaren Forderungen von Politik oder Rektorat nicht erfüllt. Das ist aber auch nicht das Ziel hinter den Verhandlungen. Sondern das Ziel der Verhandlungen besteht darin, die Proteste abzuwürgen, indem Rektorat und Politik wieder die Kontrolle über die Proteste erlangen. So war in der Studierendenbewegung durch das Aufstellen von realistischen Forderungen schnell von der ursprünglichen “Kritik am neoliberalen Gesamtsystem und an prekären Beschäftigungsverhältnissen generell“ nichts mehr übrig und die Forderungen beschränkten sich alsbald auf Hörsaalumbenennungen nach (links)bürgerlichen Wissenschaftlerinnen und bestenfalls noch auf die Losung: “Keine Studiengebühren“.
Bürgerlicher Charakter und Standesdünkel der Studierendenprotestbewegung
Die bürgerliche Ausrichtung der Studierendenprotestbewegung zeigt sich auch darin, dass sie von standesdünklerischen und klassenrassistischen Positionen durchzogen war. Diese haben mit dem Rückgang der Bewegung und der damit verbundenen Entwicklung, dass der Charakter der Bewegung umso reaktionärer wurde, je mehr die Bewegung an Größe verlor, sukzessive zugenommen. So wurde von Beginn an argumentiert, dass der Staat doch mehr Geld für die Unis hergeben solle, weil an den Unis ja schließlich die künftige Elite des Landes heranwächst und dort doch dazu gut ausgebildet werden soll. Dass zu dieser künftigen Ausbeutungselite jedoch nur ein kleiner Teil der jetzigen StudentInnen dazugehören wird, scheint vielen Studierenden vorerst nicht bewusst zu sein.
Ebenfalls wurde zu Beginn der Protestbewegung mehrheitlich noch herzlich begrüßt, dass Nicht-Studierende sich an den Besetzungen beteiligten, während sich wenige Wochen später die Mehrheit der noch verbleibenden UnibesetzerInnen darüber entsetzt äußerte. Auch dominierte innerhalb der Bewegung die bürgerliche Ansicht, dass Bildung als abgehobene Sphäre außerhalb der kapitalistischen (Verwertungs)logik bestehe und bestehen könne. Der empörte Ausruf der Bewegung: “Bildung darf nicht zur Ware werden!“ ist Ausdruck der tiefsitzenden linksbürgerlichen Illusion eines emanzipatorischen Charakter und einer kritischen Funktion von Bildung und Ausbildung -die es aber innerhalb des Kapitalismus niemals geben kann- welche die Funktion von Bildung, Wissenschaft und Universitätsbetrieb als wesentliche Herrschaftsmechanismen und -strukturen des Kapitalismus verschleiert und dazu beiträgt, diese als solche zu legitimieren.
Abwarten - das erledigt sich schon von selbst
Angesichts der zu Beginn großen Unterstützung der Uniproteste durch Studierende und gesamte Bevölkerung; sodass sogar die bürgerlichen Medien die Studierendenproteste (teilweise) als gerechtfertigt darstellten; hat in Österreich die Politik die Aussitz-Strategie verfolgt: Zuerst auf die Proteste nicht eingehen, diese ignorieren und nicht wahrnehmen; dann in Verhandlungen mit den StudentInnen treten und hier die Verbesserung unwesentlicher Missstände zusagen, um sich so als kompromissbereit darzustellen und den Uniprotesten die Legitimation zu entziehen (Im Sinne von:“ Die Politik wäre ja zu Verhandlungen bereit, aber die Studierenden wollen nicht konstruktiv mit uns zusammenarbeiten, ihnen geht es um keine Lösung, sie wollen nicht studieren, nur sinnlos besetzen.“) So musste nur bequem abgewartet werden, bis die Bewegung von selbst abflaute und sich immer mehr unter der StudentInnenschaft und der Bevölkerung diskreditierte: Die rasche extreme personelle Schwäche und die von der Strukturlosigkeit der Bewegung herrührende Handlungsunfähigkeit arbeiteten von selbst entgegen der zu Beginn groß bestehenden Sympathien mit der Studierendenprotestbewegung. Durch diese Aussitz-Strategie, das Verzichten auf polizeiliche Uniräumungen, brauchte sich die österreichische Politik die Hände nicht schmutzig zu machen und verhinderte so auch geschickt, dass sie durch die Räumungen Widerstand gegen diese, damit eine neuerliche Solidarisierungswelle mit den Studierendenprotesten und die Gefahr einer neuerlichen Dynamik der Proteste auslöste.
Statt akademischen Blabla-Geschwätzes: Internationaler Kampf der ArbeiterInnenklasse für Sozialismus
Künftige Studierendenproteste sind aufgrund der verschärften Angriffe des Kapitalismus auf Lebensbedingungen und Zukunftschancen wahrscheinlich, jedoch müssen die Kämpfe einerseits in effektive Streikmaßnahmen übergehen und vor allem sich auf das revolutionäre Subjekt -die ArbeiterInnenklasse- ausweiten. Gelingt es nicht, dass die StudentInnenproteste auf die ArbeiterInnenklasse überspringen, so bricht der Protest der StudentInnen wohl rasch in sich zusammen und reaktionäre Elemente erlangen die Oberhand. Dies war in der Studierendenprotestbewegung 2009/2010 der Fall und dieser Prozess kann anhand dieser Proteste gut nachvollzogen werden. In diesen Protesten solidarisierte sich lediglich die Gewerkschaftsspitze mit den protestierenden StudentInnen (in Form von Beteiligung der GewerkschaftsfunktionärInnen an den StudentInnendemos oder mittels Solidaritätsbekundungen, die die Gewerkschaften an die BesetzerInnen schickten und in den Plena verlesen ließen); jedoch nicht die Mitglieder der Gewerkschaften, die ArbeiterInnen.
Um überhaupt wesentliche und dauerhafte Verbesserungen im Lebensstandard erreichen zu können, ist es notwendig überhaupt das ganze kapitalistische System, das auf einem innewohnenden Profitzwang, welcher Verelendung, Krieg und Hunger bedingt, basiert, hinter uns zu lassen – dies kann wiederum nur international oder gar nicht geschehen. Der Kommunismus ist die einzig mögliche Alternative zur Klassengesellschaft des Kapitalismus (also zu Krieg, ökologischer Zerstörung und Armut). Nur der Kommunismus ist in der Lage den Menschen ein Leben ohne diese kapitalistischen Naturgesetze zu ermöglichen. Erst in einer kommunistischen Gesellschaft, in der der Warencharakter verschwunden ist, werden dadurch Wissenschaft und Wirtschaft endlich den Bedürfnissen der Menschheit dienen und nicht mehr wie im Kapitalismus dem Profit weniger. Der Kommunismus ist eine Gesellschaft ohne Staaten und Klassen und damit ohne Ausbeutung und Unterdrückung, in der das kapitalistische Prinzip der Konkurrenz durch das Prinzip der Kooperation ersetzt wird und die freie Entfaltung von Individuum und Gesellschaft keine Gegensätze mehr darstellen, sondern zu einer Einheit verschmelzen. Derzeit sind in sozialen Kämpfen keine sozialistischen Orientierungen vorhanden. Um diese sozialistische Perspektive in die sozialen Kämpfe einzubringen und für deren Durchsetzung zu kämpfen, ist die Existenz einer internationalen revolutionär-kommunistischen Partei notwendig, deren Entstehung die dringendste Aufgabe darstellt.
Sozialismus oder Barbarei #22
Stalinismus ist Antikommunismus
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